Zwangsversteigerung steht an
Es geht um 8,3 Millionen Euro: Oberes Kellerberg-Areal in Bad Aibling kommt unter den Hammer
- VonEva Laglerschließen
Zwangsversteigerung im Bad Aiblinger Kurhaus: Nach schier endlosem Hängen und Würgen soll das obere Kellerberg-Areal einen neuen Besitzer bekommen. Am 20. September kommen auch die historischen Brauereigebäude mit unter den Hammer. Das sind die Hintergründe und Details.
Bad Aibling – In all die Tristesse, die seit vielen Jahren über dem oberen Teil des Kellerberggeländes in Bad Aibling hängt, mischt sich jetzt ein Hoffnungsschimmer: Für den 20. September 2022 ist im Wege der Zwangsvollstreckung die Versteigerung des Areals einschließlich der denkmalgeschützten ehemaligen Brauereigebäude angesetzt. Der Verkehrswert beträgt laut dem vom Amtsgericht Rosenheim beauftragten Gutachter insgesamt 8,3 Millionen Euro.
Die Stadt hofft, dass mit der Versteigerung auch in diesem Bereich endlich eine positive Entwicklung angestoßen wird. Sie sieht darin eine Chance, dass sich ein Eigentümer findet, der tatsächlich etwas voranbringt.
Denn zahlreich waren im vergangenen Jahrzehnt bereits die Vorstellungen und Pläne, mit denen sich Bauausschuss und Stadtrat immer wieder beschäftigt hatten. Immer wieder hoffnungsfroh, zum Schluss mehr und mehr frustriert, resigniert, verärgert.
Eine „ernsthafte Planung“?
Was war nicht alles schon im Gespräch, seitdem die damalige Dolphin Capital GmbH den betreffenden Bereich erworben hatte. „Die Planungen werden in Richtung Wohnbau gehen“, hatte im Dezember 2014 ein Vertreter des Unternehmens (in Sachen Entwicklung, Sanierung, Wiederaufbau denkmalgeschützter Immobilien tätig) auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen mitgeteilt.
Knapp fünf Jahre sollte es dauern, bis im Stadtrat eine Konzeptstudie vorgestellt wurde, die trotz einiger Skepsis bei einer Reihe Ratsmitglieder doch zu verhaltenem Optimismus zu führen schien. Von einer „ernsthaften Planung“ sprach der damalige Bürgermeister Felix Schwaller. Demnach sollten die denkmalgeschützten Gebäude – Malzhaus, Sudhaus und Dependance – saniert werden.
Zwischen Sudhaus und Dependance war ein neuer Baukörper vorgesehen, Wohn- und Büronutzungen waren geplant. Sogar der große Wunsch seitens Stadtrat und Bevölkerung nach einem Verbrauchermarkt hatte in der Studie des Rosenheimer Büro Labonte mittels unkonventioneller Lösungen Platz gefunden.
Doch nichts tat sich. Das Areal verwahrloste, die Gebäude wurden immer baufälliger, Anrufe und E-Mails der städtischen Bauverwaltung wurden nicht beantwortet, der Kontakt zwischen Planer und Auftraggeber war ebenfalls abgerissen.
Zwischenzeitlich war auch bekannt geworden, dass das Unternehmen – mittlerweile German Property Group – in Verbindung mit staatsanwaltlichen Ermittlungen wegen des Verdachts des Anlagebetrugs, der Untreue und der Insolvenzverschleppung stand. Im Juli 2020 meldete die Unternehmensgruppe schließlich Insolvenz an. Im vergangenen Jahr gab der Insolvenzverwalter die Vermarktung des Immobilienbesitzes der German Property Group in Auftrag.
Auch aus der Region hatten laut Bürgermeister Stephan Schlier diverse Interessenten immer wieder bei der Stadt bezüglich der Grundstücke angefragt, die nun im Kurhaus unter den Hammer kommen.
Rechtlich gilt zwar der Grundsatz der Einzelvollstreckung (Grundstücke werden einzeln versteigert). Wie Stefan Tillmann, Richter am Amtsgericht Rosenheim, erklärt, kann auf Antrag aber auch eine Versteigerung im „Gesamtpaket“ erfolgen. So etwas entscheide sich letztlich erst im Termin. Rechtlich sei es durchaus auch möglich, dass noch vor dem Versteigerungstermin (bis zum Zuschlag) ein einzelner Kaufinteressent die Grundstücke erwirbt, so Tillmann.
Am Ende doch keine Versteigerung?
Solch einen Fall hält Bürgermeister Stephan Schlier im Übrigen nicht ganz ausgeschlossen. Der Stadt sei bekannt, dass es offenbar bereits einen potentiellen Käufer gibt. „Doch es entzieht sich unserer Kenntnis, ob ein Kauf zum Vollzug kommt – und der Versteigerungstermin dann möglicherweise nicht stattfindet.“
Nicht zu verwechseln mit Kellerberg-Terrassen
Das aktuelle Insolvenzverfahren samt Zwangsversteigerung am Kellerberg hat nichts mit der Bebauung im unteren Teil des Areals, den Kellerberg-Terrassen (über der Tiefgarage), zu tun.
Dieses Projekt der Firma Auer Bau, das auch das neue Gesundheitszentrum beinhaltet, steht mittlerweile kurz vor der Vollendung.
Ein kleiner Blick in die Historie
Die denkmalgeschützten Gebäude am Kellerberg gehören zur ehemaligen Brauerei der Familie Schuh, ab 1791 in Besitz der Familie Wild. 1997 wurde Lydia Buck als Erbin von Franz Xaver Wild Eigentümerin des Brauereigeländes (einschließlich Bereich der späteren Tiefgarage), wie aus von Richard Lechner aus Bad Aibling zur Verfügung gestellten Informationen hervorgeht. 1999 übereignete diese demzufolge den Besitz mittels Tauschvertrag an Wilhelm Bortenschlager.
2003 kaufte die Stadt Bad Aibling von diesem den Bereich des heutigen Kinderhauses Camino. Anfang 2010 wurden die Grundstücke Bortenschlagers nach dessen Insolvenz zwangsversteigert. Neuer Eigentümer wurde Josef Auer. Von ihm erwarb die „Dolphin Capital 162. Projekt GmbH und Co. KG“ im Jahr 2015 Teilflächen von 9038 Quadratmeter im Anschluss an das „Camino“-Kinderhaus Richtung Krankenhaus- und Kolbermoorer Straße. Im Oktober 2020 wurde über große Teile des Firmengeflechts Dolphin, zwischenzeitlich umfirmiert in German Property Group, das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 20. September 2022 erfolgt nun die Zwangsversteigerung.