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„Bleibt für immer hängen“: Bad Aiblings Altbürgermeister erinnert sich an Zugunglück von 2016

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Trauerkränze und Blumengestecke liegen an der Gedenkstätte. Das Bild entstand im Jahr 2021.
Trauerkränze und Blumengestecke liegen an der Gedenkstätte. Das Bild entstand im Jahr 2021. © picture alliance/dpa

Bad Aibling – Der damalige Bürgermeister Felix Schwaller war am 9. Feburar 2016 gerade in den Faschingsvorbereitungen, als ihn die schockierende Nachricht erreichte. Wie er die Stunden nach dem Zugunglück erlebte und warum ihn die Geschehnisse auch heute noch verfolgen, erzählt er im Interview.

von Nicolas Bettinger

Der 9. Februar 2016 bleibt als schwärzester Tag in der jüngeren Geschichte Bad Aiblings in Erinnerung. Zwei Züge rasten damals frontal ineinander, zwölf Menschen starben. Für den damaligen Bürgermeister Felix Schwaller (69) bleibt die Katastrophe vor den Toren der Stadt für immer in Erinnerung. Wie er sechs Jahre danach über das Unglück denkt, was er nie vergessen wird und wie sehr ihn das Thema beschäftigt, erzählt Schwaller im Interview.

Felix Schwaller,Altbürgermeister
Felix Schwaller,Altbürgermeister © DC-X

Herr Schwaller, was geht Ihnen am sechsten Jahrestag des Zugunglücks durch den Kopf?

Felix Schwaller: Dass einem die Katastrophe ein Leben lang in Erinnerung bleibt. Es kam damals total überraschend am Faschingsdienstag. Am Anfang konnte man das Ausmaß des Unglücks noch gar nicht erkennen. Es kam die Nachricht, dass zwei Züge ineinander gefahren sind und wir sind zunächst von einem Materialschaden ausgegangen.

Wie haben Sie davon erfahren?

Der Tag war eigentlich total auf Fasching getrimmt. Ich hatte schon ein Kostüm an, als meine Frau sagte, dass ein Anruf der Stadt gekommen sei. Es muss gegen halb 8 gewesen sein. Ich habe mich dann umgezogen und bin zur Unfallstelle gefahren.

Wie haben Sie die Situation vor Ort erlebt?

Das war schon eine Ausnahmesituation, die mich mitgenommen hat. Man denkt immer, dass so etwas nur woanders passiert. Dass so ein Unglück aber tatsächlich in unserer Stadt geschehen ist, hat mich tief bewegt. Bei den Gesprächen vor Ort hat mich die Hilfsbereitschaft aber dann sehr beeindruckt. Der Einsatz der Feuerwehr Bad Aibling und der vielen Feuerwehren aus der Nachbarschaft, BRK, DLRG, Wasserwacht, Bergwacht und weiterer Hilfsorganisationen, sowie die starke Präsenz der Polizei beeindruckte und schuf zugleich ein Gefühl der Sicherheit. Trotz des großen Unglücks wurde mir damals bewusst, dass in solchen Situationen alle zusammenhalten. Das Mitgefühl der vielen Menschen war natürlich wohltuend.

Wie ging es dann weiter?

Nach einigen Gesprächen mit den Verantwortlichen bin ich ins Rathaus gegangen. Die Polizei beabsichtigte, im Rathaus am Marienplatz die Zentrale für die Koordination und Information einzurichten. Es kamen unglaublich viele Pressevertreter aus ganz Europa, auch Journalisten aus Russland und Afrika. Der Marienplatz war voller Übertragungswagen, ständig gab es Interviews. Am Tag nach dem Unglück war die große Politik bei uns mit Ministerpräsident Horst Seehofer, Verkehrsminister Alexander Dobrindt, Innenminister Joachim Herrmann und die Vertreter der Bahn zu einer Pressekonferenz.

Was hat die Katastrophe damals mit Ihnen gemacht?

Das bleibt für immer hängen, gerade wenn du als Verantwortlicher bei einem solchen Unglück dabei bist. Da geht es nicht nur um das schreckliche Ereignis, sondern auch darum, dass du als Bürgermeister keine Fehler machen darfst. Jede Äußerung ist wichtig und kann eventuell falsch ausgelegt werden. Besonders für die Hinterbliebenen und Verletzten wäre eine unbedachte Bemerkung verletzend gewesen. Die Organisation der Stadt war perfekt abgestimmt. Das hat in Bad Aibling gut funktioniert, was später auch von der Polizei positiv hervorgehoben wurde.

Wie oft begegnet Ihnen das Zugunglück heute noch in Ihrem Alltag?

Meine Frau und ich gehen an der Unglücksstelle entlang gelegentlich spazieren. Immer wenn ich über die Mangfallbrücke in Richtung Bad Aibling fahre, wird mir die Katastrophe ins Gedächtnis gerufen. Das wird einen natürlich nie wieder loslassen. Auch am sechsten Jahrestag werde ich das Denkmal besuchen, ich persönlich komme bewusst vorbei, um an die Opfer und die Hinterbliebenen zu denken.

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