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Patientin an Brust und zwischen den Beinen berührt? Heilpraktiker wegen Sex-Attacke vor Gericht

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Von: Theo Auer

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Hat ein Heilpraktiker aus Bad Aibling eine Patientin sexuell belästigt? (Symbolbild)
Hat ein Heilpraktiker aus Bad Aibling eine Patientin sexuell belästigt? (Symbolbild) © Heiko Wolfraum / dpa

Hat ein 64-jähriger Heilpraktiker aus Bad Aibling eine 30-jährige Patientin während einer Behandlung sexuell belästigt? Während die Frau schwere Vorwürfe erhebt, spricht der Mann von ausschließlich physiotherapeutischen Maßnahmen. Nun hat das Gericht entschieden.

Bad Aibling – Seit 34 Jahren ist der Angeklagte als Heilpraktiker und Physiotherapeut tätig. Aus dieser Zeit sind gegen den 64-Jährigen keine Beschwerden oder Anzeigen wegen falscher Behandlung oder gar sexueller Übergriffe bekannt. Das änderte sich, als eine 30-jährige Patientin im September 2021 zum zweiten Mal wegen Rückenschmerzen in die Praxis des Angeklagten kam. Ihren Angaben zufolge war dessen erste Behandlung so hilfreich gewesen, dass sie diese wiederholen wollte. Der Heilpraktiker hielt eine Rippenblockade für die mögliche Ursache der Rückenbeschwerden. Er habe sie aufgefordert, den Oberkörper frei zu machen, um mit einer Rippendruckmassage den Schmerzen entgegenzuwirken.

Bereits zu diesem Zeitpunkt, so die 30-Jährige, habe sie eine Äußerung des Angeklagten erstaunt, als er von der Schönheit ihrer Brüste geschwärmt habe. Daraufhin habe er ihre Brust angefasst. Sie sei dadurch gewissermaßen erstarrt. Umso mehr, als er ihr zwischen die Beine gefasst habe. Kurz darauf habe der Mann sich über sie gebeugt, bereit sie zu küssen. Da sei sie in Panik aufgesprungen, habe ihre Kleidung zusammengerafft und sei geflohen, so ihre Schilderungen.

Wollte die Patientin eine Dickdarm-Massage?

Sie habe lange überlegt, ob sie die Situation zur Anzeige bringen soll, sich aber schließlich dazu entschlossen. Der Therapeut schilderte später eine gänzlich andere Version. Er erklärte, die Patientin habe auch über Stoffwechselprobleme geklagt, weshalb er – nachdem sie ausdrücklich zugestimmt haben soll – eine Colon-Massage durchführte, was eine medizinisch gebotene Dickdarm-Massage darstellt. Diese führe zwingend in die Nähe des Schambereichs. Keinesfalls aber habe er diesen wirklich, und schon gar nicht in irgendeiner sexuellen Absicht, berührt. Tatsächlich habe er sich beim Aufstehen aus einer Sitzhaltung wegen einer körperlichen Behinderung notwendigerweise über sie gebeugt.

Ihr Eindruck, er habe sie küssen wollen, sei aus seiner Sicht völlig abwegig und womöglich auf irrelevante Ängste der Frau zurückzuführen. Eben weil er sich ihr Verhalten nicht habe erklären können, hatte er sie kurz danach angerufen und nach der Ursache für deren fluchtartiges Verlassen seiner Praxis gefragt. Sie habe darauf aber lediglich geantwortet, dass ihr so etwas noch nie passiert sei. Der ermittelnde Beamte berichtete, dass zwar am Rande der Unterwäsche der 30-Jährigen DNA-Spuren des Angeklagten gefunden worden seien, nicht aber an Schambereich oder Brust.

Fehlende DNA-Spuren entlasten den Angeklagten

Vor Gericht hielt die Vertreterin der Staatsanwaltschaft ein Fehlverhalten des Angeklagten für bewiesen. Fehlende DNA-Spuren seien kein schlüssiger Beweis der Unschuld des Angeklagten. Zwar sei dieser bislang ohne jede Vorahndung, dennoch sei eine Haftstrafe von zehn Monaten angemessen. Diese könnte aber zur Bewährung ausgesetzt werden. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Peter Dürr, hielt die gesamte Anklage für abwegig. In seinem Plädoyer erklärte er, dass das Empfinden und die Einbildungen der Patientin eine Sache seien. Der tatsächliche Ablauf der Behandlung jedoch ein ganz anderer.

Sein Mandant betreibe seine Praxis seit Jahrzehnten, ohne dass es die geringsten Beschwerde gegeben habe. Dazu würden die Aussagen dieser Patientin auch durchaus von einander abweichen und Widersprüche enthalten. Es gebe erhebliche Zweifel an einem Fehlverhalten seines Mandanten, ein Freispruch könne die einzig richtige Entscheidung sein.

Gericht verurteilt den Angeklagten zu einer Geldstrafe

Der Vorsitzende Richter Martin Neidhardt hielt einen Kontakt am und im Schambereich nicht für bewiesen. Wohl aber das unangemessene Berühren der Brust. Da dies jedoch als geringfügig übergriffig zu werten sei, reiche eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen aus. Die Verteidigung hält nach wie vor einen Freispruch für unabdingbar und hat Berufung gegen das Urteil eingelegt.

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