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Stadtrat mit klarer Ansage: Darum ziehen drei Gastronomen in der Kirchzeile den Kürzeren

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Von: Eva Lagler

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Muss die bereits errichtete Terrasse auf den Stellplätzen vor der Trattoria  „Italian Drink & Food“ in der Kirchzeile abgebaut werden? Dadurch würde die Außengastro von Carlo Guadagnato (rechts) und Giovanni Pace 20 Plätze verlieren.
Muss die bereits genehmigte Terrasse auf den Stellplätzen vor der Trattoria „Italian Drink & Food“ in der Kirchzeile abgebaut werden? Dadurch würde die Außengastro von Carlo Guadagnato (rechts) und Giovanni Pace 20 Plätze verlieren.  © Lagler

Das Tauziehen zwischen Außengastronomie, Einzelhandel und Autofahrern auf engstem Terrain in der Innenstadt hat der Stadtrat von Bad Aibling jetzt beendet. Mit einer klaren Ansage, die am Ende niemanden wirklich jubeln lässt.

Bad Aibling – Die erste Erlaubnis ist bereits erteilt. Doch nun widerruft die Stadt Bad Aibling ihr Okay zur Sondernutzung der Straßenparkplätze an der Kirchzeile durch drei dort ansässige Lokale. Das bedeutet, dass die Freiluftsaison für die neu eröffnete Trattoria „Italian Drink & Food“, das Restaurant „GenussArt“ und das Eiscafé Toscani im Vergleich zu den vergangenen Jahren nur eingeschränkt stattfinden kann.

Kirchzeile mit italienischem Flair

In der Kirchzeile herrscht in den Sommermonaten oft italienisches Flair, was nicht zuletzt auf die nahezu durchgehende und meist voll besetzte Bestuhlung an den Hauswänden und entlang der Straße zurückzuführen ist. Doch während im vorderen Bereich vor den Lokalen ausreichend Platz dafür ist, wird es Richtung Norden immer enger. Deshalb erteilte die Stadtverwaltung bislang die Erlaubnis zur Sondernutzung, mit der die Gastronomen auf den Straßenparkplätzen zwischen 1. März und 31. Oktober weitere Sitzplätze („Terrassen“) errichten konnten.

Doch durch die Großbaustelle in der Stadtmitte ist heuer vieles anders. Denn zum einen fehlen dort im Moment 68 Parkplätze (in der Tiefgarage, hinter der Sparkasse, direkt an der Kirchzeile) und zum anderen mussten die Fahrbahnen verschwenkt und deren Breite zum Teil verringert werden. Was den Unmut der Verkehrsteilnehmer ohnehin schon anheizt. Auch sind nicht alle Anwohner und vor allem Einzelhändler unbedingt begeistert, fürchten sie doch ausbleibende Kundschaft durch die angespannte Parksituation.

„Geteilte Lager“ in der Geschäftswelt

Auch was die Sondernutzung angeht, war das Ordnungsamt bei einer Rücksprache vor Ort auf „geteilte Lager“ gestoßen, wie dessen Leiter Martin Haas dem Stadtrat in der jüngsten Sitzung mitteilte. „Einige Ladenbetreiber sind strikt dagegen. Sie fürchten, dass die Wahrnehmung ihrer Geschäfte darunter zu sehr leidet.“ Teresa Jancso vom Stadtmarketing sprach von einer Rückmeldung von etwa der Hälfte der angeschriebenen Einzelhändler. Es sei zwar zum Teil schon eine Offenheit für die Gastronomie zu spüren, die Tendenz gehe aber klar zum Beibehalt der Stellplätze.

Stadträte auf der Suche nach Lösungen

Ihnen sprang die große Mehrheit des Stadtrates nun bei. Martina Thalmayr (Grüne) revidierte gar ihre Meinung aus der jüngsten Sitzung des Hauptverwaltungsausschusses. Sie hatte sich zunächst hinter die Gastronomie gestellt, plädierte aber nun „völlig gegen mein Naturell für das Beibehalten von Stellplätzen“. Sie habe sich vor Ort noch einmal ein genaues Bild gemacht und halte es „nicht mehr für verantwortlich“, dort eine Bestuhlung direkt an der Straße zuzulassen. Sie schlug jedoch vor, die Bestuhlung auf dem Gehsteig in der Länge anstatt in der Tiefe anzuordnen.

Wir haben jetzt nun mal diese Situation im Zentrum, da hilft alles nichts.

Rudi Gebhart, ÜWG-Stadtrat

Rudi Gebhart (ÜWG) verwies auf die „Riesenbaustelle“, die starken Verkehr mit sich bringe. Stühle an eine Fahrbahn zu stellen, an der „30- und 40-Tonner vorbeidonnern“ schloss er aus. Ebenso ein In-die Länge-ziehen der Tischreihen: „Dass die dann die Schaufenster der Geschäfte verdecken, geht gar nicht. Wozu hat man denn Schaufenster? Wir haben jetzt nun mal diese Situation im Zentrum, da hilft alles nichts.“

Zusätzliche Tisch an Gehweg-Außenseite?

Es sei ja nicht gesagt, dass die zusätzlichen Tische und Stühle auf der Gehweg-Innenseite stehen müssen, meinte CSU-Rat Johann Schweiger. „Warum nicht auf der Außenseite?“ Doch er wies auch darauf hin, dass noch keiner wisse, wie sich die Situation entwickle, wenn erst einmal der Hochbau auf der Großbaustelle beginnt und „dann die richtig großen Fahrzeuge kommen“.

Auf den Vorschlag von Elisabeth Geßner (CSU), die Bestuhlung eventuell nach Geschäftsschluss des Einzelhandels zuzulassen, beschied Haas abschlägig: „Das wäre ein viel zu großes Hin und Her mit dem jeweiligen Auf- und wieder Abbau. Die Außenbestuhlung müsste die Saison über schon stehen bleiben.“

Bürgermeister Stephan Schlier (CSU) stellte die Überlegung in den Raum, im Einzelfall zu schauen, was möglich ist an Stellen, an denen die Ladenbetreiber nichts gegen eine Außenbestuhlung hätten. „Es war zwar die Mehrheit dagegen, aber nicht alle.“

Klare Worte fand Richard Lechner: „Wir brauchen die wenigen Stellplätze, die es in der Kirchzeile noch gibt, dringend. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, für die Gastronomie eine Sonderregelung zu treffen, unter der alles andere leidet.“ Als Wirtschaftsreferent erklärte Thoma Geppert (CSU), in seiner Brust wohnten zwei Seelen. Vielleicht könne man eine größere Gemeinschaftssitzfläche bilden.

„Genügend Stellplätze in Kellerberg-Tiefgarage“

Zu dem häufig angesprochenen Parkplatzmangel merkte er an, als er zuletzt in der Tiefgarage am Kellerberg geparkt hatte, sei sein Auto das einzige dort gewesen: „Es ist dort günstig und zu Fuß gerade mal eine halbe Minute von der Kirchzeile entfernt.“ Dieter Bräunlich (ÜWG) hielt dagegen: „Die Leute parken nicht in der Tiefgarage, wenn sie nur mal eben Semmeln holen wollen. Die fahren dann gleich woanders hin.“

Eine in die Länge gezogene Außenbestuhlung komme für ihn nur in Frage, wenn die betroffenen jeweiligen Hausbesitzer damit einverstanden sind und wenn dort genügend Platz sei. Zudem forderte er den Rückbau der bereits errichteten Terrasse vor der Trattoria. Dem schloss sich der Stadtrat bei nur einer Gegenstimme an: Für den gesamten Zeitraum, in dem durch die Baumaßnahmen „Lichtspielhaus“ und „Wohnen am Mühlbach“ Einfluss auf den öffentlichen Verkehrsraum genommen wird, dürfen keine Sondernutzungserlaubnisse für die Terrassen auf den Straßenparkplätzen in der Kirchzeile ausgestellt werden. Zudem soll die Parkdauer auf den verbliebenen Stellplätzen auf 30 Minuten beschränkt werden.

20 Plätze weniger vor der Trattoria?

Carlo Guadagnato, einer der beiden Chefs der Trattoria, zeigt sich davon naturgemäß nicht begeistert: „Das gehört zu unserem Sommergeschäft“, zeigt er auf die fünf Tische mit jeweils vier Stühlen, die er in zweiter Reihe aufgestellt hat, auf dem Holzpodest im Stellplatzbereich. Dass die ihm erteilte Genehmigung zur Sondernutzung einfach wieder entzogen werden kann, könne er sich nicht vorstellen. „Gehört habe ich davon auch noch nichts“, sagte er am Dienstag (2. Mai) gegenüber den OVB-Heimatzeitungen. Sollte er tatsächlich rückbauen müssen, brauche er stattdessen mehr Platz zur Seite hin.

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