1. ovb-online-de
  2. Rosenheim
  3. Region Bad Aibling

Völlig überraschend: Sport Fischbacher im Bad Aiblinger Westend schließt

Erstellt:

Von: Eva Lagler

Kommentare

Der Countdown hat begonnen: Christian und Diana Fischbacher haben sich entschlossen, ihr Sportgeschäft im Bad Aiblinger Westend nach 35 Jahren aufzugeben.
Der Countdown hat begonnen: Christian und Diana Fischbacher haben sich entschlossen, ihr Sportgeschäft im Bad Aiblinger Westend nach 35 Jahren aufzugeben. © Lagler

Nach 35 Jahren ist Schluss: Völlig überraschend hat Sport Fischbacher im Bad Aiblinger Westend seinen Räumungsverkauf wegen Geschäftsaufgabe angekündigt. Firmenchef Christian Fischbacher spricht über die Beweggründe.

Bad Aibling - Bis vor kurzem haben Diana und Christian Fischbacher noch überhaupt nicht daran gedacht, ihr vor 35 Jahren gegründetes Sportgeschäft aufzugeben. „Wir haben alle zurückliegenden Krisen sehr gut durchgestanden, haben Spaß an unserem Tun und es geht uns wirtschaftlich gut. Wir sind nicht insolvent“, sagt Firmenchef Christian Fischbacher. Doch es seien innerhalb sehr kurzer Zeit viele Faktoren zusammengekommen, die ihn und seine Frau Ende November 2022 zu der Entscheidung geführt hätten, das Geschäft zu schließen.

„Der Wettbewerb wird immer stärker“

Einer der Hauptgründe dafür: „Das Verhalten der großen Sportartikel-Konzerne. Sie fördern seit Jahren ihr Eigengeschäft und wollen, wie es scheint, die Handelspartner am liebsten draußen haben. Die Konditionen werden dermaßen gekürzt, dass die Wirtschaftlichkeit nicht mehr erhalten werden kann. Der Wettbewerb wird immer stärker - einer macht‘s vor, alle anderen ziehen nach“, beschreibt Fischbacher die Situation. Um jedoch als größeres Sportgeschäft und Nahversorger ohne die großen Namen in der Branche existieren zu können, wäre er gezwungen gewesen, sein Geschäft komplett umzustrukturieren.

Hinzu kämen noch weitere Faktoren, die dem gesamten Einzelhandel zu schaffen machten: Da sei die Kaufzurückhaltung der Kunden aufgrund der Inflation, aber auch die Energiepreisproblematik, die in seinen Augen noch gar nicht richtig angekommen sei, aber massiv zu Buche schlagen werde.

Ein weiterer schwerwiegender Punkt seit Beginn der Pandemie sei die Lieferkettenproblematik. „Die Ware kommt massiv verspätet bei uns an, zum Teil wenn die Saison schon gelaufen ist. Wenn die Langlaufski - eine der Firmen produziert diese in der Ukraine - Mitte Januar geliefert werden, sind damit keine Saisonumsätze mehr zu machen“, sagt der Unternehmer.

Und natürlich treffe der aktuell allerorts herrschende „eklatante Personalmangel“ auch seinen Betrieb. Zudem würde die einsetzende Lohn-Preis-Spirale die Kosten exponentiell in die Höhe treiben, die auf die Firma zukämen. Dabei hätten er und seine Frau bis vor Kurzem nicht einmal ansatzweise den Gedanken ans Aufhören gehabt. „Im Gegenteil, wir haben gesagt, wir betreiben unser Geschäft definitiv weiter. Aber irgendwann muss man der Realität ins Gesicht sehen und die Zeichen der Zeit erkennen. Wir wollten uns das nicht antun, in solch ein Risiko reinzulaufen.“

Fischbacher spricht auch von der Verpflichtung gegenüber seinen Mitarbeitern. Das Personal brauche Sicherheit, doch eine Weiterführung wäre in seinen Augen angesichts der vielen Umstände, die hier zusammenkommen, nicht gewährleistet gewesen, erklärt er. Es sei für ihn alles andere als leicht gewesen, sein Team, darunter langjährige Mitarbeiter, über den Entschluss zu informieren „Aber es wird keiner arbeitslos“, ist er sich angesichts der vielen Unternehmen, die Fachkräfte suchen, sicher.

Als großes politisches Versagen wertet er die aktuelle Entwicklung und fordert: „Die wirtschaftlichen Folgen, die durch die Entscheidungen auf den Einzelhandel zukommen, müssen von der Politik erkannt werden.“ Infrastruktur und Attraktivität der Städte litten unter den Schließungen und Verlust von Einzelhandel.

So geht es jetzt weiter

Fakt ist, dass Fischbachers Mietvertrag bis 2031 läuft. Wenn der Räumungsverkauf abgewickelt ist - spätestens Mitte des Jahres soll das der Fall sein - steht ihm zufolge ein Nachmieter aus dem Bereich Einzelhandel bereits in den Startlöchern. Um wen es sich dabei handelt, verrät er zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Er selbst will in der Wintersaison weiterhin seinen Skiverleih und -service an der selben Stelle, direkt neben dem Eingang zum Laden, anbieten, der Sommer gehöre dann dem Segeln und Fischen.

Besitzer der Immobilie ist das Unternehmen „Werndl & Partner“, das auf dem Areal eine Wohn- und Geschäftshausbebauung plant. Das wird allerdings erst nach März 2031 geschehen, wie Geschäftsführer Florian Eisner gegenüber den OVB-Heimatzeitungen bestätigt: „Für uns ändert sich durch die Schließung nichts - außer dass es uns leid tut, dass es in Bad Aibling nun keinen Sporthändler mehr gibt.“ Man habe zwar auch eine Ablöse vorgeschlagen, doch es sei das gute Recht Fischbachers, die Räumlichkeiten bis Vertragsende unterzuvermieten.

Das war die Ära Fischbacher

Im Jahr 1987 begann Fischbacher, zuvor 16 Jahre beim Bundesgrenzschutz, nebenberuflichen in seinen privaten Räumen in Unterheufeld mit einem Tennis- und Skiservice. Als er seinen Betrieb weiter aufbaute, sei es erst einmal nicht so gelaufen, wie er es sich vorgestellt hatte. Er beschloss mehrgleisig zu fahren und auch Sportartikel und Software zu vertreiben. Ab 1995 war er dann auf 75 Quadratemetern als Vollsortimenter im Sporthandel am Marienplatz am Start. Mit der Übernahme von Sport Hackhofer 1997 hatte er zwei Filialen, die er aber schon bald am Standort Marienplatz zusammenlegte.

Mit der Einführung der Einbahnregelung für die Rosenheimer Straße im Jahr 2003 sei die Situation für sein Unternehmen jedoch zunehmend schwieriger geworden. Ab 2005 baute Fischbacher den elektronischen Handel aus und als die Räumlichkeiten des ehemaligen Wendelstein-Einkaufszentrums im Westend zur Verfügung standen, schloss er mit dem damaligen Besitzer den langfristigen Mietvertrag. Den vorderen Bereich hatte Fischbacher zwischenzeitlich auch schon einmal untervermietet, an eine örtliche Reinigung mit Postfiliale, die allerdings im Sommer des vergangenen Jahres ausgezogen ist.

Fischbacher selbst geht, wie er versichert, ohne Wehmut: „Ich habe das Geschäft aufgebaut, jetzt baue ich es wieder ab.“

Auch interessant

Kommentare