„Im Demenz-Bereich brennt es wirklich“
Ärger um neues Demenz-Pflegeheim für Bad Aibling - Scheitert der Bau am Streit über wenige Meter?
- VonNicolas Bettingerschließen
Der Bedarf an Pflegeplätzen für Demenzkranke steigt. Der Bad Aiblinger Stadtrat sieht deshalb die Notwendigkeit einer neuen Einrichtung. Doch ein geplantes Bauvorhaben erfüllt nicht alle Wünsche und sorgt nun für hitzige Diskussionen und eine denkbar knappe Entscheidung.
Bad Aibling – Dass dringend mehr Pflegeplätze für Demenzkranke benötigt werden – darüber waren sich alle einig. Doch ob dafür ein neugebautes Pflegeheim in der Bad Aiblinger Ghersburgstraße, neben dem bestehenden Seniorenheim Novalis-Haus, die Lösung ist – darüber herrschte beileibe keine Einigkeit. Der Stadtrat hatte in seinen Sitzungen im Dezember 2021 und im Februar 2022 den Beschluss über den Bebauungsplan bereits zum wiederholten Male abgelehnt.
Vorhaben zuvor mehrmals abgelehnt
Begründet wurde diese Entscheidung unter anderem mit dem nicht eingehaltenen aber vom Stadtrat geforderten Abstand zur Hangkante von mindestens zehn Metern sowie der Situation hinsichtlich der Niederschlagswasserbeseitigung. Aufgrund dieser ablehnenden Beschlüsse fand Ende März ein Gespräch zwischen der Stadt, den Planern sowie den Investoren statt. „Die Bauwerber wollten wissen, ob überhaupt noch eine Chance auf eine Baugenehmigung besteht“, erzählte Stadtbaumeister Andreas Krämer nun in der jüngsten Stadtratssitzung.
In diesem Gespräch habe man sich darauf verständigt, Varianten zu erarbeiten und diese dem Stadtrat vorzustellen, um das Projekt möglicherweise auf einer dieser Grundlagen weiterführen zu können. Nun lagen zusätzliche Varianten vor. Darunter ein Vorschlag, bei dem die Drehung des geplanten Baukörpers um 90 Grad sowie ein Grundstückszukauf (Acker Nord) dafür sorgen, dass der geforderte Abstand ringsherum eingehalten werden kann.
Bauvorhaben trifft auf starken Gegenwind im Stadtrat
Die Mindestanforderung würde so also erfüllt. Dennoch traf das Bauvorhaben erneut auf Gegenwind. Laut Anita Fuchs (Grüne) sei Bad Aibling gerade wegen seiner Natur innerhalb der Stadt ein solch attraktiver Wohnort. „Der Neubau des Pflegeheims an der Ghersburg ragt in den Grünzug am Milchhäusl hinein und ist deshalb in meinen Augen nicht vertretbar“, so Fuchs.
SPD-Stadträtin Petra Keitz-Dimpflmeier zweifelte zudem daran, dass die vorgesehenen Freiflächen am Gebäude für eine gute „Aufenthaltsqualität“ sorgen. „Das ist einfach zu wenig, Demenzkranke haben einen enormen Bewegungsbedarf“, betont Keitz-Dimpflmeier. Laut Bürgermeister Stephan Schlier seien ohnehin noch zahlreiche Fragen zu klären. Da nun aber die Hauptforderung, die Einhaltung des geforderten Abstandes zur Hangkante, erfüllt werde, müsse man nun entscheiden, ob das Bauvorhaben grundsätzlich weiterverfolgt werden solle.
Aiblings Seniorenbeauftragter: „Wir brauchen die Einrichtung, die Leute werden immer älter“
Dieter Bräunlich wies indes darauf hin, dass das Gremium bereits vor zwei Jahren beschlossen habe, man könne sich das Bauvorhaben unter besagten Bedingungen vorstellen. Dem sollte man nun auch Rechnung tragen. „Wir brauchen die Einrichtung, die Leute werden immer älter, wir haben einen unheimlichen Zuzug aus Norddeutschland“, sagte der Seniorenbeauftragte der Stadt. Im Demenz-Bereich „brennt es wirklich“, die geplanten Wohnungsgruppen seien gefragt, so Bräunlich. Er beantragte auch deshalb, dass in der Beschlussvorlage festgehalten werden soll, dass die Einrichtung auch tatsächlich als Pflegeeinrichtung für Demenzkranke genutzt werden müsse, was etwa bei der CSU-Stadtratsfraktion auf breite Zustimmung traf.
Für Martina Thalmayr (Grüne) sei es „wirklich eine total schwere Entscheidung“. Zwar herrsche ein gesteigerter Bedarf an Pflegeplätzen. Das „zähe Ringen“ um jeden Meter seitens des Betreibers sei jedoch nicht in Ordnung. Auch deshalb könne sie dem Bauvorhaben nun nicht mehr zustimmen. Auch Andreas Winhart (AfD) bezeichnete das Vorgehen des Investors als „grenzwertig“. Er wünsche sich zwar eine Einrichtung für Demenz-Kranke in Bad Aibling, „aber bitte an einer anderen Stelle“.
Hauchdünne Mehrheit für neue Variante
Nach der beherzten Diskussion sah es nicht danach aus, als bekäme das Bauvorhaben tatsächlich noch eine Chance. Doch mit einer hauchdünnen Mehrheit (12:11 Stimmen) beschloss das Gremium letztlich doch, dass die neu erarbeitete Variante weiterverfolgt werden kann.