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Waldkraiburger Bombenleger-Prozess: 13,5 Jahre Haft gefordert wegen versuchten Mordes in 31 Fällen

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Waldkraiburg Bombe
Im Koffer des mutmaßlichen Attentäters von Waldkraiburg fand die Polizei mehrere einsatzfähige Rohrbomben. © Polizeipräsidium Oberbayern Süd

Im Walkraiburger Bombenleger-Prozess fordert die Staatsanwaltschaft 13 Jahre und sechs Monate Haft. Muharrem D. sei aufgrund seiner psychischen Krankheit zwar vermindert schuldfähig, habe sich aber mit der Tat vollständig identifiziert.

Waldkraiburg/München - Wie könne es sein, dass ein „freundlicher, junger Mann aus fürsorglichem Elternhaus“ sich dem Islamischen Staat anschließt und Anschläge verübt, fragte eine der beiden Vertreterinnen der Generalbundesanwaltschaft zu Beginn des Plädoyers am Donnerstag vor dem Münchner Oberlandesgericht und sprach von einem „Rätsel“.

Versuchter Mord in 31 Fällen

Sicher hingegen waren sich die Anklägerinnen, dass der mittlerweile 27-Jährige, der selbst türkisch-kurdischen Wurzeln und 2013 die deutsche Staatsbürgerschaft erworben hat, aus Hass auf Türken mehrere Anschläge auf die Moschee und mehrere Geschäfte in Waldkraiburg verübt und weitere Anschläge vorbereitet hat. Deshalb hat die Bundesanwaltschaft beantragt, Muharrem D. unter anderem wegen versuchten Mordes in insgesamt 31 Fällen, Brandstiftungsdelikten sowie des Vorbereitens einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat zu einer Haftstrafe von 13 Jahren und sechs Monaten zu verurteilen und die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus anzuordnen.

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Psychische Erkrankung und Cannabis-Abhängigkeit

Auslöser für die Radikalisierung des Angeklagten seien seine psychische Erkrankung - bei ihm wurde Schizophrenie mit paranoiden Zügen diagnostiziert - und seine jahrelange Cannabis-Abhängigkeit. Aber auch der Zugang zu Propaganda-Videos im Internet habe dazu beigetragen. Gerade „brutale Videos“ hätten dazu geführt, dass die bei Tötungsdelikten zu unterstellende Hemmschwelle bei Muharrem D. „nicht feststellbar ist“, sagte eine der Anklägerinnen.

„Menschenverachtende Motive“

Strafmildernd berücksichtigte die Bundesanwaltschaft die verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten und folgte damit dem psychiatrischen Sachverständigen (wir berichteten). Gegen den 27-Jährigen spreche hingegen, dass es nur „glücklichen Umständen“ zu verdanken sei, dass keines der Opfer ernsthafte Schäden erlitten habe - jedenfalls körperlich. Der Tod einer 80-jährigen Frau sei wohl Folge ihrer Herzerkrankung, ein Zusammenhang mit einem der Anschläge nicht ausreichend belegt. Strafschärfend wirke sich auch die „menschenverachtende Motivation“ des Angeklagten aus.

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Nahm der Angeklagte eine „grüne Pille“?

Offen gelassen hatte der psychiatrische Sachverständige, ob der Angeklagte überhaupt wahrgenommen hat, dass er mit seinen Anschlägen Menschen in Gefahr bringt. Wäre dies nicht der Fall, würde der diesbezügliche Vorsatz fehlen und die wesentlichen Anklagepunkte in sich zusammenfallen. Zweifel sind entstanden, weil Muharrem D. behauptet hat, eine „grüne Pille“ eingenommen zu haben, die zu einer „gedanklichen Einengung“ geführt haben könnte.

„Stolz auf seine Taten“

Dies sei eine „reine Schutzbehauptung“, erklärten die Anklägerinnen. Anhaltspunkte dafür, dass der 27-Jährige auch synthetische Drogen genommen habe, gebe es nicht. Auch habe er die Tatorte im Vorfeld „gezielt ausgespäht“, wie er selbst im Ermittlungsverfahren angegeben habe.

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Dabei könne ihm nicht verborgen geblieben sein, dass bei Bränden auch Wohnungen in Mitleidenschaft gezogen würden. Zudem deute das „Nachtatverhalten“ des Angeklagten auf „vollständige Identifikation“ hin. „Er war stolz auf seine Taten“, sagte eine der Staatsanwältinnen.

Plädoyers der Verteidigung am Freitag

Muharrem D. verfolgte den mehrstündigen Vortrag mit gesenktem Kopf. Auch bei Verkündigung des Strafmaßes zeigte er keine besondere Regung. Der Prozess wird am Freitag mit den Plädoyers der Verteidigung fortgesetzt.

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