Gute Noten dank Dialekt
Der Dialekt schadet nicht der Ausdrucksfähigkeit, er fördert sie sogar. Diese Meinung vertrat der renommierte Mundartforscher Professor Anthony Rowley bei einem Vortrag in Jettenbach.
Jettenbach - Zwei Jahre hat der Heimat- und Kulturkreis Jettenbach versucht, Professor Anthony Rowley zu einem Vortrag über die Dialekte in Bayern zu gewinnen. Der Mundartforscher leitet das Bayerische Wörterbuch der Akademie der Bayerischen Wissenschaften, München, und ist deshalb ein gefragter Vortrags- und Veranstaltungsredner. Jetzt hat es endlich mit einem Termin geklappt.
In seinem Vortrag im Obermaierhof in Grafengars hat Professor Rowley zunächst über den Dialekt im Allgemeinen, über deutsche Mundarten und deren Einteilung in Nieder-, Mittel- und Oberdeutsch im Besonderen gesprochen. Und von den Mundarten in Bayern und im Mühldorfer Landkreis erzählt.
Ausdrücklich widersprach er der unbegründeten Behauptung, Dialekt würde die Ausdrucksfähigkeit beeinträchtigen. Der Referent verwies auf Untersuchungen eines Leipziger Mundartforschers, wonach die guten ersten PISA-Tests in den süddeutschen Bundesländern darauf zurückzuführen sind, weil im Süden mehr Kinder Dialekt sprechen. Die Kinder gehen deshalb bewusster mit der Sprache um und können somit Umgangs- und Standardsprache besser trennen.
Bayerns Mundarten teilt der Professor in das Südbaierische, das Mittelbaierische und das Nordbaierische ein. Innerhalb des Baierischen liegt Jettenbach mit dem Landkreis Mühldorf sprachlich in der Mitte zwischen dem stark durch München geprägten Westen und dem eher nach Salzburg ausgerichteten Osten. Als ein Beispiel nannte Professor Rowley die Varianten für "Heuschrecke". Im Osten heißt es nicht "Heuhupfer", hier ist es der "Heuschneider". Eine Vielzahl weiterer Dialektwörter führte der Redner als Beispiele an.
Auch Lehnwörter, etwa aus Italien, aus der slawischen Nachbarschaft und besonders aus Frankreich sind im Dialekt übernommen worden.
"Langsam auf
dem Rückzug"
Doch auch Anthony Rowley musste das Fazit ziehen: Die Mundarten sind langsam auf dem Rückzug. Allein solange Dialekt sprechende Eltern mit ihren Kindern Dialekt und nicht im falsch verstandenen Anpassungseifer Schriftdeutsch sprechen, so lange werde der Dialekt noch leben.
Der Jettenbacher Viergesang und die Nachtliachtl-Musi aus Kraiburg begleiteten die Veranstaltung musikalisch.