Zwei 94-Jährige als Zeitzeugen
Gedenktag in Waldkraiburg: Gemeinsam für Menschenrechte eintreten
- VonErika Fischerschließen
Pater Walter Kirchmann, Bürgermeister Robert Pötzsch, Landrat Maximilian Heimerl und Kreisvorsitzenden der Banater Schwaben Georg Ledig sprachen bei der beeindruckenden Feier am Vertriebenendenkmal in Waldkraiburg.
Waldkraiburg - Im Januar dieses Jahres jährt sich zum 78. Mal der Beginn der Deportationen Tausender Deutscher aus dem Banat, Siebenbürgen und anderen Teilen Südosteuropas.
Pater Walter Kirchmann betonte im einleitenden Gebet, Leben heiße Verantwortung übernehmen und sich für andere einzusetzen. So fände man Frieden auch für sich selbst.
Bürgermeister Robert Pötzsch knüpfte daran an. „Das Schicksal der Zwangsarbeiter, die damals ihre Heimat als ‚Reparationsleistung‘ verlassen mussten, klagt immer noch an. Und immer noch werden Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. Wir dürfen diese Schicksale nicht aus der Erinnerung ausblenden.“
„Menschenrechte sind und bleiben unantastbar“
Auch Landrat Maximilian Heimerl betonte, dass wir in einer Zeit des Mahnens leben. „Damals wurde Unrecht mit Unrecht vergolten. Dies sind keine singulären Ereignisse. Gerade heute muss sich die Politik für die Menschenrechte einsetzen, denn sie sind und bleiben unantastbar.“
Damit sprach er Georg Ledig, dem Kreisvorsitzenden der Banater Schwaben und Organisator der Feier, aus der Seele, denn heute müssen unter anderem Ukrainer ihre Heimat verlassen. „Seit dem Dezember 1944 wurden 78 000 Menschen aus ihrem Land im Südosten Europas verschleppt. In der rumänischen Parteizeitung hieß es lapidar: ‚Dies sind Männer zwischen 16 und 45 Jahren und Frauen zwischen 18 und 30, außer Müttern mit Kindern unter einem Jahr.‘ In den sowjetischen Lagern der Kohle- und Industriereviere betrug die tägliche Arbeitszeit zwölf Stunden, teilweise bei minus 40 Grad.“ Als die rumänische Regierung 1990 ein Gesetz zur Entschädigung einbrachte, habe dies den Beginn der Auswanderung der Deutschen ausgelöst.
Solches Unrecht darf sich nicht wiederholen
Lange habe sich ein Mantel des Schweigens über die damalige Situation gebreitet, wohl aus Angst vor Repressalien. „Unsere heutige Veranstaltung soll keine Wunden aufreißen. Wir wollen der Opfer gedenken und mahnen, dass solches Unrecht nie wieder passiert“, so der Kreisvorsitzende.
„Im Leid stehen wir alle zusammen. Und dies war auch der Anlass, dass endlich 1995 in München eine erste Gedenkveranstaltung mit Tausenden von Besuchern in Erinnerung an dieses Unrecht stattfand. Das löste etwas aus, was beispielsweise heute in der Hilfsbereitschaft für die Ukrainer zum Ausdruck kommt“, betonte der Ehrengast der Veranstaltung, der Bundesvorsitzende der Banater Schwaben, Peter Dietmar Leber.
Besonders tief berührte sicher alle Anwesenden der Auszug aus dem Schreiben eines elternlos zurückgebliebenen Kindes aus dieser Deportationszeit, sicherlich besonders die beiden 94-jährigen Zeitzeugen dieser schrecklichen Situation, Matthias Roth und Maria Flickinger, die in Waldkraiburg leben.
Meinen Vater habe ich nur drei Tage gehabt. Er ist im Krieg gefallen. Meine Mutter, geboren am 11. April 1948, starb nach langer Krankheit. Sie war ja aus Russland zurückgekehrt, wo sie fünf Jahre lang in Nickelgruben schwer gearbeitet hatte. Kolonisten kamen dann in unser Dorf und holten alles, was brauchbar war“, zitierte Peter Leber aus dem Brief. Damit sei wohl alles gesagt, beschloss er seine Gedenkrede.
Umrahmt, hatten die beeindruckende Feier am Vertriebenendenkmal auf dem Rathausplatz, sechs Fahnenabordnungen und die Banater Bläsergruppe.