Nachruf auf einen Menschenfreund
Jahrelanger Einsatz gegen das Vergessen: Reinhard Schmidt im Alter von 82 Jahren gestorben
- VonJosef Enzingerschließen
Er war ein Mensch, der das Herz am rechten Fleck hatte: Reinhard Schmidt aus Neumarkt-St. Veit war nicht nur Familienmensch. Seit Jahrzehnten setzte er sich für das Erinnern an die Opfer des NS-Regimes ein. Jetzt ist er im Alter von 82 Jahren gestorben.
Neumarkt-St. Veit - Reinhard Wilhelm Schmidt erblickte am 8. August 1940 in Gut Berg als viertes von fünf Kindern der Landwirts-Eheleute Johann Schmidt und Anna Schmidt, geborene Heinle, das Licht der Welt. Bis zur siebten Klasse besuchte Reinhard Schmidt die Volksschule in Teising, um dann für drei Jahre an die Mittelschule in Landshut zu wechseln, welche er mit der Mittleren Reife abschloss. Anschließend machte er seine Landwirtschaftslehre in Vattersdorf/Schönbrunn an der Höheren Ackerbauschule und schloss diese mit Erfolg zum staatlich geprüften Landwirt ab.
Einen der ersten Freilaufställe erbaut
Reinhard Schmidt, der den Beruf des Landwirts mit Freude und Überzeugung nach der Hofübernahme 1968 ausübte, baute 1970 einen der ersten Freilaufställe in Süddeutschland und bewirtschaftete über 100 Tagwerk mit 60 Milchkühen sowie circa 60 Stück Jungvieh alleine. Dies war eine harte Zeit, der Tag hatte meist 16 Arbeitsstunden.
Fürsorglicher Onkel
Es war auch eine Zeit schwerer Schicksalsschläge. 1968 verstarb seine Mutter Anna Schmidt, 1969 seine Schwestern Hildegard und Irmgard und 1971 verunglückte sein Bruder Hans bei einem Verkehrsunfall tödlich. Reinhard Schmidt nahm die beiden Söhne Roman und Rüdiger seiner verstorbenen Schwester Irmgard auf seinem Hof auf und sorgte für sie, als wären es seine Kinder gewesen. Auch die beiden Söhne Johannes und Stefan seines verstorbenen Bruders Hans unterstützte er nach Kräften.
Studium in den 70er Jahren
Im Jahr 1974 verkaufte er seinen ganzen Viehbestand, um Landwirtschaft zu studieren. Das Studium schloss er als Diplom-Ingenieur für Landwirtschaft erfolgreich ab. Danach trat er in den Staatsdienst ein und war am Landwirtschaftsamt in Vilsbiburg als Landwirtschaftsinspektor beschäftigt.
1980 Wiederbeginn mit der Landwirtschaft
Sein Vater Johann Schmidt, der das ehemalige Fruhmanngütl erst als Gutsverwalter geleitet und dieses 1938 gekauft hatte, starb 1977 im Alter von 76 Jahren. Da ihm die Landwirtschaft und der Umgang mit dem Vieh fehlten, verließ Reinhard Schmidt 1980 den Staatsdienst und begann auf seinem Hof sozusagen aus dem Nichts wieder eine Landwirtschaft aufzubauen. Dies war insbesondere schwierig, weil mittlerweile das Milchkontingent eingeführt worden war und dieses nach dem zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Viehbestand berechnet wurde.
Gründungsmitglied bei den Grünen
Trotz der vielen und schweren Arbeit auf dem Hof fand Reinhard Schmidt immer wieder Zeit, sich sozial zu betätigen. Er war Mitglied bei der Teisinger Feuerwehr und fünf Jahre Obmann beim Bauernverband. Er war Gründungsmitglied bei den „Grünen“, kandidierte 1984 für die Grünen für das Bürgermeisteramt in Neumarkt-St. Veit und ließ sich zuletzt noch 2020 als Stadtratskandidat aufstellen.
Jedes Jahr Blumenschmuck für den KZ-Friedhof
Auch die jährliche Gedenkveranstaltung am KZ-Ehrenfriedhof geht auf seine Initiative zurück an der er bis zuletzt trotz äußerst schlechter körperlicher Verfassung immer teilnahm und für den Blumenschmuck sorgte.
Im Jahr 2004 musste Reinhard Schmidt aufgrund eines Hüftleidens die Landwirtschaft aufgeben und seinen Grund verpachten. Einen verwaisten Hof wollte er aber auch nicht haben und so zog er immer noch ein paar Kälber auf und hatte etliches Federvieh am Hof. Die letzte verbliebene Schwester Ingeborg verstarb im Jahr 2020 im Alter von 84 Jahren. Seine letzten beiden Lebensjahre verbracht Reinhard Schmidt im Stift in St.-Veit.