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Die Rückkehr des Klosterbräu - Nachfahre des letzten St. Veiter Brauereibesitzers will Export-Bier auferstehen lassen

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Von: Josef Enzinger

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Zwischen diesen beiden Abfüllungen liegen mindestens 40 Jahre:Neumarkts Bürgermeister Erwin Baumgartner (links) besitzt ein Original-Export aus den 80er-Jahren. Bernhard Altmann ließ die Inhaltsstoffe analysieren und ließ auf Grundlage dieser Datenlage daraus das Export-Bier des St. Veiter Klosterbräu nachbrauen. Der Verkauf soll in Flaschen mit dem Original-Etikett erfolgen.
Zwischen diesen beiden Abfüllungen liegen mindestens 40 Jahre:Neumarkts Bürgermeister Erwin Baumgartner (links) besitzt ein Original-Export aus den 80er-Jahren. Bernhard Altmann ließ die Inhaltsstoffe analysieren und ließ auf Grundlage dieser Datenlage daraus das Export-Bier des St. Veiter Klosterbräu nachbrauen. Der Verkauf soll in Flaschen mit dem Original-Etikett erfolgen. © Enzinger

Ein Urenkel des früheren Neumarkter Brauereibesitzers Otto Hertrich hat sich an die Aufgabe herangewagt, die beliebte Biersorte wieder aufleben zu lassen. Der erste Sud war vielversprechend. Im Frühjahr will Bernhard Altmann das Ergebnis der Öffentlichkeit präsentieren.

Neumarkt-St. Veit – Fast 40 Jahren ist es her, dass der letzte Sud des Klosterbräu St. Veit angesetzt worden ist. An eine Renaissance des Brauhauses, oben in St. Veit, ist nicht zu denken, wenngleich es immer wieder Überlegungen dazu gegeben hat. Umso mehr überrascht nun die Mitteilung eines direkten Nachfahren des letzten Brauereibesitzers Otto Hertrich, dass es schon bald wieder ein Bier nach dem Originalrezept geben wird. Alles, was Bernhard Altmann, ein Urenkel Hertrichs, dafür benötigte, war eine über 40 Jahre alte, originalbefüllte Flasche Klosterbräu-Export.

Bürgermeister spielt entscheidende Rolle

Schon lange beschäftigte sich Bernhard Altmann mit der Idee, in die Fußstapfen seines Urgroßvaters zu treten. Er hatte Überlegungen angestellt, wie man das Brauhaus in St. Veit wieder zum Leben erwecken könnte und die dazugehörige Klosterschänke. Pläne, die er wieder verworfen hat, um sich umso mehr auf das Bier zu konzentrieren. Natürlich gebe es Aufzeichnungen über die Inhaltsstoffe des Exportes. Doch ausschlaggebend dafür, dass er jetzt schon einen ersten Sud gebraut hat, waren nicht etwa Berichtshefte von ehemaligen Mitarbeitern des Klosterbräus. Altmann wusste von der original verschlossene Flasche Export, die sich schon lange im Privatbesitz von Bürgermeister Erwin Baumgartner befindet.

Klosterbräu-Flasche im Büruschrank des rathauses entdeckt

Dass der Neumarkter Bürgermeister überhaupt nach all den Jahren seit der Schließung der Brauerei eine solche Flasche sein Eigen nennen darf, ist einem großen Zufall zu verdanken. Baumgartner, der damals noch im Ordnungsamt gearbeitet hat, erinnert sich: „Es war Tradition, dass die Brauerei jedes Jahr an Weihnachten den Rathausmitarbeitern ein Tragerl Bier geschenkt hat. Eine Mitarbeiterin habe dann ihre Flasche in den Büroschrank gestellt und einen Regalboden davor gestellt. „Die Flasche ist vergessen und erst beim Umzug des Rathauses im Jahr 2001 entdeckt worden“, berichtet Baumgartner, der das unverschlossene Export nicht entsorgt, sondern aufgehoben hat.

„Lange habe ich auf Erwin Baumgartner hingewirkt, ob er mir die Flasche nicht zur Verfügung stellen könnte, um die Inhaltsstoffe in einem Fachlabor analysieren zu lassen“, erzählt Altmann. Irgendwann ließ sich Baumgartner tatsächlich überreden und überließ ihm die Flasche. „Allerdings wollte ich die Hälfte wieder zurückhaben“, stellte Baumgartner Bedingungen.

Gesagt, getan. Knapp die Hälfte des Flascheninhalts hat Altmann entnommen, untersuchen und aufgrund der Datenlage gleich einen ersten Sud für das Export ansetzen lassen. Hilfe hat er dabei vom Oberbergkirchener Jungbrauer Max Vetter erhalten, der erst vor drei Jahren mit dem „Innbräu“ ein neues Unternehmen gegründet hat und neue Biere auf den Markt gebracht hat. In der Privat-Brauerei auf Gut Forsting hat sich der Jungbrauer der Export-Rezeptur angenommen und versucht, das Original nachzubrauen.

Feine Hopfenbittere und grasige Noten

Und das Ergebnis überzeugt. In einem ersten Probesud wurden 60 Liter produziert. Und Altmann ist vom Ergebnis überwältigt: „Er übertrifft alle unsere Erwartungen“, sagt Altmann. Eine feine Hopfenbittere habe das Bier. Nuancen von Zitrusfrüchten und auch grasige Noten finden sich in diesem neuen Export. Letzteres liege am Hopfen, erklärt der diplomierte Biersommelier. „Im Nachgang schmeckt man eine körperreiche Süße“, fährt Altmann fort, der besonders stolz darauf ist, dass schon der Probesud über eine „fantastische Schaumstabilität“ verfüge. Honiggold soll es sein, wenn es fertig ist, so Altmann.

Die erste Probe, noch unfiltriert, durfte auch Bürgermeister Erwin Baumgartner verkosten. Und der ist begeistert. Er könne sich nicht mehr an den Geschmack des Original-Exports erinnern, betont aber, dass dieses Export „anders schmeckt als das Bier heutzutage“. Mehr Bitterstoffe. Da pflichtet ihm Altmann bei. „Früher hat das Bier tatsächlich anders geschmeckt, ein Zeichen dafür, dass sich auch der Geschmack bei den Biertrinkern ändert. Die Brauereien passen sich daran an.“ Der neue Klosterbräu hingegen soll aber genau das widerspiegeln, was die älteren Neumarkter von früher noch kennen.

Mit dem Export hätten die Neumarkter dann ihr zweites Bier, nachdem Hanjo Hellfeuer und Richard Hirschberger im vergangenen Jahr mit dem „St. Veiter Märzen“ und der „Sankt Veiter Sommerhoibe“ bereits die Auferstehung der Neumarkter Brautradition gefeiert haben. „Wenn das so weiter geht, entwickeln wir uns wieder zu einer richtigen Bierstadt“, zeigt sich Bürgermeister Baumgartner jedenfalls begeistert.

Im Frühjahr dürfen dann alle probieren

Eine Kostprobe für die Allgemeinheit wird nicht mehr lange auf sich warten lassen. Im Frühjahr plant Altmann – zunächst noch überschaubar – den Ausschank und den Verkauf von 150 Hektolitern. In Zeiten von Corona, das Planungen immer wieder über den Haufen werfen kann, will Altmann dazu noch nicht zuviel verraten. Nur eines sagt er: Das Bier soll am 23. April gezapft werden. Dem Todestag seines Urgroßvaters, der sich in diesem Jahr zum 99. Mal jährt.

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