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Haushalt: Eine Fraktion verweigert Zustimmung

Schuldenkurve von Neumarkt-St. Veit zeigt steil nach oben

Einige Millionen Euro muss die Stadt in die Sanierung der Kläranlage stecken. Das wirkt sich auf den Schuldenstand der Stadt aus.
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Einige Millionen Euro muss die Stadt in die Sanierung der Kläranlage stecken. Das wirkt sich auf den Schuldenstand der Stadt aus.
  • Josef Enzinger
    VonJosef Enzinger
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Der Neumarkter Stadtrat hat sich mit den geplanten Einnahmen und Ausgaben der Stadt beschäftigt. Der Haushaltsplan fand aber nicht die ungeteilte Zustimmung der Fraktionen.

Neumarkt-St. Veit – 170 Seiten umfasst das Zahlenwerk, das die Haushaltslage der Stadt Neumarkt-St. Veit in diesem Jahr beschreibt.

Mitte Januar war es bereits ausführlich mit Kämmerer Thomas Menzel erläutert worden, in der vergangenen Woche dann hat der Haushaltsplan einstimmig den Finanzausschuss passiert. Jetzt beschäftigte sich der Stadtrat final mit den geplanten Einnahmen und Ausgaben. Menzels Werk fand aber nicht die ungeteilte Zustimmung. Die SPD stimmte gegen den Haushalt.

Keine Gefährdung für Tilgung der Darlehen

Auf 25,9 Millionen Euro summieren sich nach der Planung von Menzel der Verwaltungshaushalt (15,8 Millionen Euro) und der Vermögenshaushalt (10,1 Millionen). Damit übersteigt das Gesamtvolumen den Ansatz des vergangenen Jahres um 871.000 Euro.

Menzel stellte zwar fest, dass sich durch die Corona-Pandemie die Einnahmen 2021 bei der Einkommensteuerbeteiligung, den Schlüsselzuweisungen sowie der Gewerbesteuer reduziert hätten. Doch deute sich 2022 eine Erholung an. Die Einnahmen seien mit 8,9 Millionen Euro veranschlagt, ein Plus von 571.000 Euro gegenüber den Ansätzen von 2021.

Den Einnahmen stünden allerdings auch entsprechende Ausgaben gegenüber. Alleine die Kreisumlage umfasst demnach 3,4 Millionen Euro, die Umlage an die Verwaltungsgemeinschaft 1,1 Millionen Euro und die Personalkosten machte Menzel bei 2,8 Millionen Euro fest. Wichtigste Erkenntnis: Die Ausgaben im Verwaltungshaushalt sind niedriger als die Einnahmen, so dass eine Zuführung in Höhe von rund 992.000 Euro erreicht werde. Die Mindestzuführung in Höhe der ordentlichen Tilgung der Darlehen werde damit um rund eine Viertelmillion Euro übertroffen.

Zehn Millionen Euro stünden an Investitionen an, was eine Darlehensaufnahme in Höhe von 490.000 Euro nötig macht. Zum Ende des Jahres prognostiziert Menzel einen Schuldenstand in Höhe von 5,7 Millionen Euro. Mit Kreditaufnahmen, dem Verwaltungsüberschuss, die gute Zuschusssituation und durch den Verkauf von Wohnbaugrundstücken will Menzel den Haushalt decken.

Auf ausschweifende Haushaltsreden verzichtete der Stadtrat coronabedingt, um die Sitzung nicht in die Länge zu ziehen. Die Vertreter der Fraktionen haben ihre Stellungnahmen schriftlich eingereicht (zu lesen weiter unten).

Neumarkts Bürgermeister Erwin Baumgartner (UWG) verteidigte in seiner Stellungnahme die hohen Ausgaben. Die Entscheidung über die Sanierung des Stadtplatzes verteidigte er als „mutige Entscheidung“, aber auch als „eine der richtigsten und wichtigsten Entscheidungen in den letzten Jahrzehnten“. Von der Durchgangsstraße werde sich der Stadtlatz zu einem Zentrum des Einkaufs, der Begegnung, des Verweilens und des Austausches entwickeln, aber auch als Ort zum Feiern. Mit knapp vier Millionen Euro Zuschuss sei das Projekt auch gut finanzierbar.

Hohe Zuschüsse seien auch beim Bau der neuen Kindertagesstätte abgeschöpft worden. Die Stadt sei nun hervorragend aufgestellt. Von einem „richtigen Ergebnis“ spricht Baumgartner bei der Entscheidung, stationäre Lüftungsanlagen anzuschaffen, um die Kinder in Schulen und Kindertagesstätten bestmöglich vor Infektionen mit dem Corona-Virus zu schützen. Von den dafür nötigen 1,5 Millionen Euro müsse die Stadt selbst 300.000 Euro zahlen.

+++ Weitere Meldungen aus dem Landkreis Mühldorf +++

Das Thema Breitband bezeichnete Baumgartner als „indirekte Pflichtaufgabe, die uns vom Staat aufgebürdet wurde“. Die Erschließung sei in der flächengrößten Gemeinde im Landkreis mit Leitungen über viele Kilometer entsprechend teuer.

Und bei der Modernisierung der Kläranlage sei man schlicht an gesetzliche Auflagen gebunden. „Die Vorgaben für diese Qualität sind quasi einem Neubau gleichzusetzen und sind nicht verhandelbar und starr!“

Kläranlage ist nicht verhandelbar

Insgesamt sei die Stadt gut aufgestellt. Große Aufgaben würden mit Vernunft und Augenmaß in Angriff genommen. „Nur wer investiert kann sich entwickeln. Nur wer sich entwickelt und dabei die Zeichen der Zeit erkennt, ist fit für die Zukunft!“, so Baumgartner.

SPD-Stadtrat Ludwig Spirkl merkte noch an, dass ihm die Strategie fehle, wie denn die Schulden jemals zurückgezahlt werden sollen. Dazu sagte Kämmerer Menzel: „Solange die Stadt in der Lage, Verwaltungsüberschüsse wie bisher zu erwirtschaften, sei die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt nicht gefährdet!“

Mit 14:2 wurde der Haushaltsplan und die Finanzplanung für die nächsten Jahre angenommen. Die SPD stimmte dagegen.

SPD befürchtet weitere Kostenexplosion beim Stadtplatz

Fraktionssprecher Ulrich Geltinger: „„Schulden sind leicht gemacht, aber schwer zurückbezahlt!“

Ulrich Geltinger, Sprecher der SPD im Neumarkter Stadtrat, bezweifelt, „ob die dauerhafte finanzielle Leistungsfähigkeit in den nächsten Jahren noch gegeben, und ob die geplante Schuldenaufnahme noch vertretbar ist, insbesondere aber ob unsere Stadt ihren Pflichtaufgaben zukünftig nachkommen kann.“ Als bedeutsamsten Grund für die Befürchtungen der SPD führt er die Sanierung des Stadtplatzes an. „Die hierfür im Haushalt eingestellten Mittel werden wegen der vielen zu erwartenden Nachträge bei weitem nicht genügen.“ Nachträge würden auch nicht bezuschusst. Bei der Sanierung der Kläranlage, bezweifelt Geltinger, „dass bei einer Inflationsrate von derzeit 5 Prozent die Kostenschätzungen eingehalten werden können“. Eine schuldenbasierte Finanzierung sei alternativlos. Die Bürger über eine Verbesserungsumlage an den Kosten zu beteiligen lehnt die SPD ab.

Kanalsanierungen, Ausbau von Gemeindestraßen, Sanierung von Ortsstraßen würden aufgeschoben. „Die Substanz wird zunehmend schlechter, die Kosten der Sanierung immer höher.“

Ein finanzielles Polster für unerwartete Ausgaben sei nicht vorhanden. In vielen Bereichen seien die Haushaltsansätze bei den prognostizierten Ausgaben zu niedrig gewählt, auf die Einpreisung der galoppierenden Inflation sei verzichtet worden, die koinzidente Finanzierung von Breitbandversorgung, Kinderbetreuung, Kläranlage und Stadtplatzsanierung übersteige die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt. „Unser Appell, sich auf die Pflichtaufgaben zu konzentrieren, wurde nicht erhört.“

Eine Verschuldung von über 10 Millionen Euro bezeichnet Geltinger als nicht tragbar. „Schulden sind leicht gemacht, aber schwer zurückbezahlt!“

Grüne: Gewerbe-Ansiedlung essentiell wichtig

Thomas Döring, Grünen-Vertreter im Neumarkter Stadtrat, bezeichnet Entwicklung und Umfang des Haushaltplans als „sehr imposant“.

Mit den vielen Investitionen sei Neumarkt bestens für die Zukunft gerüstet „und damit der einen oder anderen Stadt und Gemeinde wohl auch einen Schritt voraus“. Den Anstieg der Schulden nannte Döring aber besorgniserregend.

Mit der fortlaufenden Steigerung der Einwohnerzahl und der Ausweisung von Wohnbaugebieten und dem Verkauf von Bauplätzen könne die Stadt kurzfristig Geld verdienen. „Inwieweit sich das aber auf Dauer für uns, aber auch für alle anderen Städte und Gemeinden auszahlt, bleibt abzuwarten. Denn damit einhergehend würden langfristig auch die damit verbundenen Ausgaben und Probleme mehren – Personalkosten, Verkehr oder Flächenfraß.“

Nach Ansicht Dörings sei es essentiell wichtig für die Zukunft, ein neues Gebiet für die Ansiedlung von Gewerbe und Industrie in Neumarkt-St. Veit zu schaffen. Döring bedauert in diesem Zusammenhang, dass sein Vorschlag zur Errichtung eines Kreisverkehrs in Verbindung mit einer allgemein Zufahrt am Standort des neuen Raiffeisen-Lagerhauses nicht verfolgt worden sei. Eben genau dieser Platz würde sich zur Ausweisung eines neuen Industriegebiets perfekt eignen und könnte somit auf viele Jahre die weitere gewerbliche Entwicklung sichern.

Durch die Weiterentwicklung bestehender sowie der Ansiedlung neuer Firmen könnten die Gewerbesteuereinnahmen erhöht und neue Arbeitsplätze sowie Kaufkraft geschaffen werden. „Beides Dinge die im Hinblick auf die Entwicklung der Schulden dringend notwendig sind und darüber hinaus auch die einzige Möglichkeit bieten, sich aus der alleinigen Abhängigkeit von Zuschüssen zu lösen!“

UWG: „Das Armenhaus des Landkreises!“

Rekordhaushalt mit Ansage

„Wieder ein Haushalt auf Rekordniveau. Aber mit Ansage“, meint der Fraktionssprecher der UWG, Christian Perau zum Haushalt. Die Weichen seien in den vergangenen Jahren gestellt worden, verbunden mit Investitionen in die Zukunft. Kinderbetreuung, Stadtplatz mit Wasser und Abwasserleitungen, Kläranlage und die Breitbandversorgung nennt Perau. Und er stellt fest, dass bei den Weichenstellungen die enormen Preissteigerungen nicht klar gewesen seien. Auf die tariflich geregelten Personalkosten habe man keinen Einfluss. Beim Personal zu sparen, sei aufgrund der steigenden Aufgaben – mehr Kinderbetreuungsbedarf, mehr zu unterhaltende Flächen und Objekte – nicht möglich.

Zu den Baukosten sagte Perau: „Hier hätten wir bestimmt einiges beim Stadtplatz sparen können, wenn es keine Verzögerung durch den Bürgerentscheid gegeben hätte. Aber wer hätte schon ahnen können, dass sich durch die Pandemie und andere Einflüsse in so kurzer Zeit so viel ändert?“

Bezüglich der Sanierung der Kläranlage, eine klassische Pflichtaufgabe, habe die Stadt schlicht keine Wahl. „Die Abwasserbehandlung spielt eine zentrale Rolle bei der Daseinsvorsorge sowohl für unsere Bürger, als auch für unsere Gewässer.“

Aufmerksamkeit beim Haushaltsplan 2022 verdiene nach Ansicht Peraus die Abhängigkeit der Stadt von den Schlüsselzuweisungen. „Wenn man diese Steuerkraft mit den anderen Gemeinden im Landkreis vergleicht, könnte man überspitzt sagen, dass wir das Armenhaus des Landkreises sind!“

Da nicht sicher sei, dass die Quelle Schlüsselzuweisungen auch weiterhin so gut sprudelt, gilt es bei allen Weichenstellungen in der Zukunft abzuwägen, ob dadurch unsere Steuerkraft pro Kopf steigt oder sinkt.

CSU betrachtet die Verschuldung kritisch

Ferdinand Rothkopf wünscht sich grundsätzlich eine ehrliche, langfristige Planung

Mit dem Haushaltsentwurf zeigt sich nach Ansicht des Sprechers der CSU Fraktion, Ferdinand Rothkopf, eine Situation, die er als „angespannt“ bezeichnet.

„Die Verschuldung hat bereits in den letzten Jahren stark zugenommen und sie soll weiter zunehmen – ja sie soll weiter stark zunehmen.“ Dies gelte es, kritisch zu betrachten.

Es stelle sich die Frage: Wo kann oder könnte aktuell gespart werden? „Es wird viel von der Stadtplatzsanierung geredet – aber das Projekt läuft. Es wurde aus guten Gründen und nach reiflicher Abwägung begonnen, und es soll auch ordentlich zu Ende geführt werden.

Rothkopf verweist auf viele Pflichtaufgaben und gleichzeitig steigende Kosten in der Verwaltung. „Leider zeigt sich bei den Pflichtaufgaben, dass die Stadt nicht vorne dran ist. Es musste und es muss viel nachgeholt werden, bei dem uns andere Städte und Gemeinden längst voraus sind.“ Dies gelte besonders für Kanalsanierung, Kläranlage, Straßensanierung, Radwegebau und Breitband. Dier Stadt laufe auch zukünftig neuen Entwicklungen erneut hinterher.

„Zu ändern ist dies nur mit ehrlicher, langfristiger Planung – und einer Planung die auch umgesetzt wird“, findet Rothkopf, der an den Flächennutzungsplan erinnert, dessen Flächenausweisungen im Nord-Osten bis heute nicht mit Zufahrtsstraßen erschlossen sind.

Der Breitbandausbau hänge im Innenstadtbereich. Grundstücke fehlen für Radwege oder als Tauschflächen. Ganz aktuell sei auch der Feuerwehrbedarfsplan nicht zugänglich.

„Für den Finanzprüfungsausschuss ist weiterhin die Art der Buchführung als Kameralistik ein großes Hindernis. Die Umstellung auf Doppik ist überfällig und würde ebenfalls mehr Planungssicherheit bieten.“

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