Im Müllcontainer nach Essen gesucht
Weil ein Rentner in den Mülltonnen eines Lebensmittelmarktes in Neumarkt-St. Veit nach etwas Essbarem gesucht hat, musste er sich vor dem Amtsgericht Mühldorf wegen Hausfriedensbruchs verantworten. Das Urteil: 200 Euro Geldstrafe.
Mühldorf/Neumarkt-St. Veit – Zur Vorgeschichte: Am 20. Dezember 2015, einem Sonntag, hatte sich der Angeklagte auf dem Gelände eines Lebensmittel-Marktes in Neumarkt-St. Veit an den Abfallcontainern des Discounters zu schaffen gemacht – offensichtlich auf der Suche nach etwas Essbarem. Eine Spaziergängerin verständigte damals die Polizei, die Filialleiterin erstattete schließlich Anzeige wegen Hausfriedensbruchs und Diebstahls.
Im Juni stand dann der Mann vor Gericht, die Verhandlung war dann ausgesetzt worden, weil die Verteidigerin für ihren Mandanten noch ein psychiatrisches Gutachten erstellen lassen wollte (wir berichteten). Dieses lag nun vor: Der Gutachter bescheinigte dem Angeklagten zwar erste Anzeichen einer Altersdemenz, aber keine erheblichen Einbußen kognitiver Art.
„Eigentlich handelt es sich ja um eine Bagatelle!“ Die Staatsanwaltschaft
Eine verminderte Schuldfähigkeit sei zwar nicht auszuschließen, sagte auch Richter Florian Greifenstein in der Urteilsbegründung, doch in seinen Augen wusste der Angeklagte sehr genau, dass er das Gelände nicht betreten darf. „Eigentlich handelt es sich ja um eine Bagatelle“, befand sogar der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Doch die zahlreichen Vorstrafen – das Bundeszentralregister weist für den Mann über 20 Eintragungen aus – wurden dem Angeklagten zum Verhängnis.
Seit seiner Scheidung komme ihr Mandant nicht mehr auf die Beine, erklärte Verteidigerin Petra Braunstein. „Eine Abwärtsspirale, die sich immer weiter dreht.“
Rund 300 Euro bleiben dem 78-Jährigen im Monat zum Leben. „Mein Mandant ist nicht zahlungsfähig. Jegliche Geldstrafe wäre nicht bezahlbar, die Folgen schwerwiegend im Vergleich zum Vorwurf“, erklärte die Rechtsanwältin, die bis zuletzt auf eine Einstellung des Verfahrens gehofft hatte und auf Freispruch plädierte. Ihrer Meinung nach sei noch nicht einmal der Tatbestand des Hausfriedensbruchs gegeben, da das Gelände leicht zugänglich sei.
Diese Ansicht teilte Richter Florian Greifenstein nicht: „Sträucher und Büsche begrenzen das Gelände, außerdem gibt es einen Zaun.“
Er folgte stattdessen dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilte den Angeklagten zu einer geringen Geldstrafe – 20 Tagessätze á zehn Euro.
Viel Eindruck machte das Urteil auf den Angeklagten nicht. Er hatte die rund einstündige Verhandlung scheinbar teilnahmslos verfolgt – mit dem Hinweis: „Ich hör‘ eh nix. Mein Hörgerät liegt daheim.“