Die Kosten schrecken erst einmal ab
Erlebt die „Offene Jugendarbeit“ in Neumarkt-St. Veit ein Revival?
- VonHarald Schwarzschließen
Nachdenkliche Gesichter gab es beim Finanzausschuss, als alle Zahlen und Fakten in Sachen „Jugendpfleger vor Ort“ (Juvo) auf dem Tisch lagen.
Von Jan Dalhoff
Neumarkt-St. Veit - Auch wenn der Finanzausschuss in seiner jüngsten Sitzung nur einen Tagesordnungspunkt hatte, so sorgte dieser doch für nachdenkliche Gesichter. „Wir sprechen hier von 120.000 Euro für zwei Jahre bei 25 Stunden pro Woche gerechnet, inklusive Budget für Projektarbeit“, so Geschäftsstellenleiter und Kämmerer Thomas Menzel. „Um dieses Geld zur Verfügung zu stellen, müssten wir im Haushalt an anderer Stelle einsparen“, ergänzte Bürgermeister Erwin Baumgartner (UWG). Damit hatte keiner gerechnet, dass der Antrag der CSU, beim Landkreis einen Jugendpfleger vor Ort zu beantragen, so viele Sorgenfalten bereiten würde.
Ein Jugendpfleger vor Ort begleitet die Jugendlichen
Carolin Puffer, Teamleiterin des Bereiches Jugendarbeit im Landratsamt, berichtete ausführlich über den aktuellen Sachstand, die Kosten und hatte Daten und Fakten von Neumarkt-St. Veit dabei. „Wir reden laut den Zahlen von 2021 von 347 Jugendlichen im Alter von zwölf bis 18 Jahren. Das entspricht 5,39 Prozent der Einwohner“. Weiterhin erläuterte sie die Aufgaben eines Juvos (Jugendpfleger vor Ort): Aufsuchende Jugendarbeit, Projektarbeit, Einzelfallhilfen, Angebote für Cliquen und Gruppen, Offenes Beratungsangebot beispielsweise für Vereine, Offener begleiteter Jugendtreff, Öffentlichkeitsarbeit sowie Aufbau und Betreuung von Beteiligungsformaten.
Mit einem Juvo ist es nicht getan
Dabei berichtete sie auch von anderen Juvos, die derzeit beispielsweise in Heldenstein, Ampfing oder Haag aktiv sind. Es wurde klar, dass es mit einem Juvo nicht getan ist, denn die Jugendlichen brauchen auch einen Raum, einen Ort, an dem sie sich treffen können und ihre Ideen und Projekte gemeinsam mit dem Juvo umsetzen können. Der Jugendpfleger selbst benötigt ein Büro, um etwa Beratungsgespräche führen zu können.
Erwin Baumgartner brachte in dem Zusammenhang den Turm 1542 ins Spiel und erinnerte daran, dass sich dort vor zehn Jahren schon einmal ein Jugendtreff befunden habe. Inwieweit dieser wieder reaktiviert werden könnte, das müsste sich eventuell der Bauausschuss anschauen. „Auch wenn die Jugendlichen eventuell nicht gleich zum Beginn Räumlichkeiten benötigen, so wird sicherlich dieser Wunsch kommen, was wir schon aus anderen Gemeinden erfahren haben“, so Baumgartner weiter.
Jugendreferentin Heike Perzlmeier (CSU), die den Antrag vorbrachte, meinte: „Wir müssen uns den Herausforderungen stellen und präventiv aktiv werden. Auch wenn viele Vereine schon hervorragende Jugendarbeit leisten, so gibt es Jugendliche, die nicht integriert sind und denen fad ist und die auf Dummheiten kommen können. Ein Jugendpfleger könnte für diese Jugendlichen eine Anlaufstelle sein.“
„Ich finde die Idee nicht schlecht, das hat auch etwas von einem Streetworker vor Ort“, ergänzte Michael Kulhanek (CSU). Er argumentierte, dass es wichtig ist, die Sache neutral zu bewerten. Was von Vorteil sein könnte, dass es eventuell jemand außerhalb ist, der die Problematik mit anderen Augen sehe. Zudem sei der Jugendpfleger extra dafür ausgebildet.
Gemeinde kann jemand ermutigen, sich zu bewerben
Silke Auer (UWG) fragte nach, ob die Gemeinde jemand vorschlagen kann oder ob dies in der Hand des Landratsamts liegt. Carolin Puffer erklärte, dass das Bewerbungsverfahren in der Hand des Landratsamtes liegt. Die Gemeinde könne aber eine Person ermutigen, sich zu bewerben. „Ich sehe die Jugendarbeit als sehr wichtig an“, unterstrich Ulrich Geltinger (SPD) die Notwendigkeit.
Jugendpfleger vor Ort könnte frühestens im Sommer starten
Zum Schluss einigte sich der Ausschuss darauf, dass der Stadtrat das Thema bespricht und Carolin Puffer noch einmal die Arbeit der Juvos vorstellt. Der Bauausschuss soll sich des Themas Räumlichkeiten annehmen und den Turm begutachten, inwieweit dieser eventuell den Jugendlichen wieder zur Verfügung gestellt werden könnte und welche Renovierungsarbeiten notwendig wären oder ob es andere Räumlichkeiten geben könnte. Ein Start für einen Jugendpfleger vor Ort soll frühestens im Sommer sein.
Info zum Turm 1542
Im Unteren Stadttor war der damalige Jugendtreff „Turm 15422“ zu Hause. Er wurde ausschließlich ehrenamtlich von den Mitgliedern der Jugendaktionsgruppe Neumarkt-Sankt Veit e.V. (JAG) geführt. Die JAG war von 1989 bis 2012 ein ehrenamtlicher Verein, der offene Jugendarbeit geleistet hatte und damit ein Aushängeschild für Neumarkt-St. Veit war. Den Unterhalt, die Renovierungen und Ähnliches leisteten die damaligen Mitglieder zum größten Teil selbst. 2010 schloss der Turm 1542, da es keinen Bedarf an dem Jugendtreff mehr gab und die jungen Besucher aus blieben.