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Dramatische Rettungsaktion nach Genickbruch: So geht es dem Erhartinger (30) heute

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Von: Josef Enzinger

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Der Ersthelfer und der Verunglückte: Dass Felix Martzinger den schweren Unfall überlebt hat, lag daran, dass die Einsatzkräfte, unter ihnen Florian Schweiger (links), Hand in Hand gearbeitet haben.
Der Ersthelfer und der Verunglückte: Dass Felix Martzinger den schweren Unfall überlebt hat, lag daran, dass die Einsatzkräfte, unter ihnen Florian Schweiger (links), Hand in Hand gearbeitet haben. © Josef Enzinger

Es war im Juni 2022, als der Erhartinger Felix Matzinger bei Baumfällarbeiten einen Genickbruch erlitt. Wie durch ein Wunder hat der 30-Jährige überlebt, auch weil die Ersthelfer ihn optimal versorgt hatten. Lesen Sie hier, wie der Schwerverletzte die dramatische Rettungsaktion erlebt hat.

Erharting - Es war eine dramatische Rettungsaktion, die Ende Juni 2022 das fehlerlose Zusammenspiel sämtlicher Rettungskräfte eingefordert hatte. Und die schließlich das Überleben des damals 29-jährigen Erhartingers gesichert hat, der bei Waldarbeiten schwerste Verletzungen davontrug. „Die mussten zu 100 Prozent funktionieren. Und das haben sie getan. Alle haben 100 Prozent gegeben. Sonst würde Felix wohl heute nicht mehr leben“, erzählt Marianne Matzinger, Mutter des verunglückten Erhartingers, der sich am 25. Juni zu Baumfällarbeiten aufgemacht hatte.

Baum stand unter Spannung - dann explodierte er

Felix Matzinger war alleine in dem unwegsamen Gelände unterwegs, wollte einen trockenen Baum, eine Esche, umschneiden und hatte dafür auch alle Sicherungsvorkehrungen getroffen. Er hatte den Baum durch eine Seilwinde gesichert, bevor er den ersten Sicherheitsschnitt mit der Motorsäge setzte. „Der Baum ist dann aber urplötzlich explodiert. Die herabfallenden Holzteile haben ihn schwer verletzt. Er zog sich eine Atlas-Bogen-Fraktur zu“, berichtet Mutter Marianne. Felix Matzinger hatte sich das Genick gebrochen.

Weltweit überleben nur 20 Menschen diese Verletzung

„Weltweit überleben einen solchen Unfall nur 20 Menschen. In Deutschland gibt es lediglich vier bekannte Fälle von Menschen, die so eine Fraktur überhaupt überlebt haben“, beruft sich Marianne Matzinger auf den Arzt, der ihren Sohn im Klinikum in Traunstein versorgt hat. Wie durch ein Wunder war das Rückenmark unverletzt geblieben. Nicht zuletzt, weil Felix Matzinger ein kräftiger Kerl sei, hätten die Ärzte gesagt. „Sonst wäre er jetzt vom Hals ab gelähmt.“

Trotz Genickbruchs bei vollem Bewusstsein

Felix hatte dabei das Glück, dass er nach dem Unfall bei vollem Bewusstsein war. „Ich lag da, konnte meinen Kopf nicht mehr heben und da war mir klar, dass da mehr kaputt ist.“ Hände und Füße konnte er bewegen. Er holte sein Smartphone raus, wählte aber nicht etwa den Notruf, sondern die Nummer seines Spezls Sebastian Schmid. „Ich lag irgendwo im Wald. Ich war mir nicht sicher, ob die Hilfskräfte mich so schnell finden würden. Der Sebastian jedoch wusste genau, wo ich mich befand.“

Die Helfer vor Ort leisteten bei der Bergung von Felix Matzinger großartige Arbeit. Dafür dankten ihnen die Hüttenfreunde nun mit einer Spendenaktion.
Die Helfer vor Ort leisteten bei der Bergung von Felix Matzinger großartige Arbeit. Dafür dankten ihnen die Hüttenfreunde nun mit einer Spendenaktion. © Matzinger

Alle arbeiten Hand in Hand zusammen

Von da an lief alles reibungslos, Hand in Hand: Die Ersthelfer vor Ort, stabilisierten den Verunglückten. Die beiden Feuerwehren aus Töging und Erharting bildeten eine Menschenkette, um den Verletzten über einen Hang sicher zu den Rettungsfahrzeugen zu bringen. „Es war ein großer Vorteil für uns, dass Felix bei Bewusstsein war. Die Vitalwerte waren gut, der Kreislauf stabil. Das erlaubte uns Ersthelfern ein entspanntes und schonendes Arbeiten“, erinnert sich Florian Schweiger an jenen Tag im Juni.

„Wie das mit dem Felix ausgegangen ist, das ist einmalig!“

Florian Schweiger, Helfer vor Ort

Schweiger ist seit 20 Jahren bei der Feuerwehr Erharting, seit zehn Jahren bei „Helfer vor Ort“. Matzinger kennt er schon eine Ewigkeit. „Aber diese Nähe darf bei einer Rettung keine Rolle spielen. Das muss man ausblenden. Wichtig ist, dass jeder Handgriff sitzt. Und das tat es an diesem Tag.“ Für Schweiger die Bestätigung und der Lohn für die vielen Stunden, die man als Ersthelfer aufwendet. „Wie das mit dem Felix ausgegangen ist, das ist einmalig. Das gibt einem Antrieb für die Zukunft und die Bestätigung, dass sich der Aufwand lohnt. Nämlich regelmäßig zu üben, zu üben, zu üben!“

Glück, weil der Spezialist gerade Dienst hatte

Wenn Mutter Marianne Matzinger jetzt, ein knappes halbes Jahr nach dem Unfall, von unermesslichem Glück spricht, dann erwähnt sie im selben Atemzug auch die Tatsache, dass am Unfalltag Professor Kolja Gelse, spezialisiert auf spezielle Unfallchirurgie, im Dienst war. „Schon am nächsten Tag wurde Felix operiert“, berichtet sie. „Nachdem der Arzt uns gesagt hatte, dass der Kopf des Jungen frei beweglich gewesen sei, da hat es mir die Füße weggezogen!“

Fotos: Rettungseinsatz bei Erharting am 25. Juni 2022
Der Unfall vom 25. Juni 2022: Auf unwegsamem Gelände mussten die Hilfskräfte zu 100 Prozent funktionieren, um das Leben des Erhartingers zu retten. © fib/TE

Den 30. Geburtstag wie den Zweiten gefeiert

Die Operation verlief gut. Bei Felix Matzinger wurde der Halswirbelbereich versteift, Platten wurden eingesetzt, nicht nur im Halswirbelbereich, sondern auch in der Schulter, wo die Nervenstränge abgerissen waren. Nach einigen Wochen auf der Intensivstation folgte eine Reha in Bad Endorf, mittlerweile wird er ambulant in Altötting behandelt. Vor zwei Wochen war Matzinger bei der Erhartinger Bergweihnacht mittendrin, statt nur dabei. Als Zweiter Vorsitzender der Hüttenfreunde schenkte er Punsch und Glühwein aus. Als wäre nichts gewesen.

Vor Felix Matzinger liegt noch ein langer Weg

Und doch steht noch ein steiniger Weg vor ihm. Die Rehabilitation wird zwar noch einige Zeit dauern. Eineinhalb bis zwei Jahre, haben die Ärzte prognostiziert. Dann wird sich auch entscheiden, ob er in Zukunft ohne die Platten in seinem Körper leben kann, ob er wieder seine Bewegungsfreiheit wie vor dem Unfall zurückerlangt. Dass er am 26. September seinen 30. Geburtstag wie einen zweiten Geburtstag gefeiert hat, versteht sich von selbst.

Factbox: Deutliches Zeichen der Wertschätzung

Wie froh auch das Umfeld in Erharting darüber ist, dass das Leben des Erhartingers gerettet werden konnte, zeigte sich bei der Spendenaktion, die die Hüttenfreunde anlässlich der Erhartinger Bergweihnacht ins Leben gerufen haben. Denn den Verkaufserlös der Weihnachtsstollen von Bäckermeister Anton Eicher sollten in diesem Jahr die „Ersthelfer vor Ort“ aus Töging erhalten, die Felix Matzinger das Leben gerettet hatten.

112 Kilogramm Stollen, so viel wie der Erhartinger Bürgermeister Matthias Huber (UWG) auf die Waage bringt, wurden für diesen guten Zweck verkauft. Spenden in Höhe von 2500 Euro kamen zusammen. Bürgermeister Huber legte noch eins drauf. Als Firmenchef von Huber Baustoff-Recycling verdoppelte er diesen Betrag auf 5000 Euro. „Die Helfer vor Ort finanzieren sich durch Spenden. Die Unterstützung ist mir auch ein persönliches Anliegen, da ich sie auch bei meinen Eltern schon oft gebraucht habe.“ Und es soll natürlich eine Wertschätzung für das beherzte und kompetente Auftreten bei der Bergung von Felix Matzinger sein, betonte Huber.

112 Kilogramm brachte Erhartings Bürgermeister Matthias Huber auf die Waage. Genauso viele Stollen wurden nun verkauft und der Erlös an die Helfer vor Ort gespendet. Und auch Huber zögerte nicht, einen stattlichen Betrag zu zahlen.
112 Kilogramm brachte Erhartings Bürgermeister Matthias Huber auf die Waage. Genauso viele Stollen in Kilogramm wurden nun verkauft und der Erlös an die Helfer vor Ort gespendet. Und auch Huber zögerte nicht, einen stattlichen Betrag zu zahlen. © Martina Fuhrmann

„Das alles ist ein Wunder, Matzinger hat überlebt, weil sie so sauber gearbeitet haben. Alleine den Transport überleben die wenigsten!“ Feuerwehr und Ersthelfer hätten gigantisch gut zusammen gearbeitet bei dem Unfall, sagt Huber heute. Man habe gesehen wie wichtig es ist, dass auch die Feuerwehr immer wieder übt und top ausgerüstet wird. Da ist jeder Cent wert.“ Und da hat die Gemeinde Erharting in den vergangenen Monaten ordentlich investiert. Alleine die Komplettausstattung der Feuerwehrleute mit neuer Einsatzkleidung habe 50.000 Euro gekostet. Die Alarmierung wurde digitalisiert.

Und aktuell sind Feuerwehr und Gemeinde dabei, einen neuen Versorgungs-LKW und einen Sicherungs-Anhänger zu kaufen. Da läuft gerade die Ausschreibung, so Huber. Insgesamt Kosten in Höhe von 330.000 Euro, beruft sich Huber auf die Kostenschätzung. Und Felix Matzinger ist überwältigt von der Spendenbereitschaft: „Die Anteilnahme ist gewaltig, über die Dorfgrenzen hinaus. Es ist gigantisch! Danke dafür!“

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