Boystown-Prozess kurz vor den Urteilen
„Wiederholungsgefahr besteht nicht“? Verteidiger fordern milde Strafen für Kinderschänder
Sie stehen vor Gericht, weil sie eine Kinderporno-Plattform betrieben und Dutzende Kinder missbraucht haben: Vier Männer, darunter einer aus dem Landkreis Mühldorf. Die Verteidiger fordern eher milde Strafen.
Frankfurt/Mühldorf – Milde Strafen ohne Sicherungsverwahrung forderten die Verteidiger der vier Angeklagten im Prozess um die größte Kinderschänder-Plattform im Darknet „Boystown“ am Montag. Vor dem Landgericht Frankfurt plädierte Michael Weiss auf acht Jahre Haft wegen Verbreitung von Kinderpornografie und Missbrauch von Kindern für Administrator Alexander G. (49, Nutzername „Jaydon“) aus dem Landkreis Mühldorf. Die Staatsanwaltschaft hatte zwölf Jahre und anschließende Sicherheitsverwahrung beantragt.
Für „Boystown“-Mitbegründer Andreas G. (41, „Phantom“) nannte Anwalt Matthias Cramer kein konkretes Strafmaß – beide Juristen widersprachen aber der Generalstaatsanwaltschaft, die vergangenen Mittwoch wegen anhaltender Gemeingefährlichkeit eine Sicherungsverwahrung für Alexander G. und Andreas G. nach der Haft gefordert hatte. Weiss sagteden OVB-Heimatzeitungen nach den Plädoyers unter Ausschluss der Öffentlichkeit: „Mein Mandant war kein pädophiler Jäger, seine Missbrauchstaten fanden nur im familiennahen Bereich statt. Eine Wiederholungsgefahr besteht nicht, denn er hat keine Familie mehr.“ Er forderte, seinem Mandanten das Geständnis und die Umstände seiner Taten zugute zu halten. Zudem habe er seinen Opfern eine Aussage erspart und sei nicht mit Tätern wie im in den Missbrauchsfällen Lügde oder Bergisch-Gladbach zu vergleichen.
Für den im Urwald von Paraguay vorm Darknet-Computer überwältigten Christian Manfred K. (60) stellte sein Verteidiger Andreas Schulz keinen konkreten Strafantrag. Er konnte aus rechtlichen Gründen auch keine Sicherungsverwahrung fordern, die sich K. wegen der guten Knast-Versorgung selbst gewünscht hatte. Für ihn gab‘s von seinem Rechtsvertreter lediglich eine Banane. Der mit 3500 Beiträgen fleißigste Nutzer der inzwischen vom BKA abgeschalteten Kinderporno-Plattform, Fritz Otto K. (66, „Puzzy“) soll nach dem Willen seiner Verteidigerin Felicitas Selig zwei Jahre und sechs Monate Haft bekommen; sie forderte zudem die Aufhebung des Haftbefehls nach 19 Monaten U-Haft.
Das Gericht plant, am Mittwoch, 7. Dezember, die Urteile zu verkünden. Vorher haben die Angeklagten noch Gelegenheit zum letzten Wort.