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Sieben starke Frauen behaupten sich in Männerdomänen: „Mobbing muss bekämpft werden“

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Valentina Kokot vor ihrem 40-Tonner, mit dem sie quer durch Deutschland fährt.
Valentina Kokot vor ihrem 40-Tonner, mit dem sie quer durch Deutschland fährt. © Mayer

Stellvertretend für alle anderen erzählen wir zum Weltfrauentag die Geschichten von sieben starken Frauen aus der Region. Sie haben ihre Träume und Ziele mit starkem Willen erreicht und sich nicht von ihrem Weg abbringen lassen.

Mühldorf – Zum heutigen Weltfrauentag lesen Sie auf dieser Seite Porträts starker Frauen aus dem Landkreis. Sie alle sind in Berufen, die immer noch hauptsächlich Männern zugeschrieben werden, erfolgreich. Die meisten von ihnen mussten gegen Vorurteile ankämpfen und ihren männlichen Kollegen erst beweisen, dass Frauen ebenso gut LKW fahren oder Steine behauen können wie ein Mann.

Diese sieben Frauen, die exemplarisch für viele andere im Landkreis stehen, haben sich behauptet. Sie haben ihre Träume und Ziele mit starkem Willen erreicht und sich nicht von ihrem Weg abbringen lassen. Mit ihren ehrlichen Berichten wollen sie Mädchen und Frauen ein Vorbild sein und Mut machen. Die Aussagen der Frauen hat OVB-Mitarbeiterin Kirsten Seitz protokolliert.

Der Wunsch nach noch mehr Frauen hinter dem Lenkrad eines Trucks

Valentina Kokot ist Lastwagenfahrerin und hat damit ihren Traumjob in einem typischen Männerberuf gefunden

Valentina Kokot (29), Fernfahrerin: „Ich stamme aus Kroatien, mein Papa und mein Opa waren schon Trucker. Das wollte ich auch machen.

In Kroatien hat man es als Frau sehr schwer. Männer sind dort absolute Machos und haben das Sagen. Frauen haben selbst in der heutigen Zeit noch immer so gut wie keine Rechte. Ich habe mit meinem Ehemann Dominik großes Glück. Er stammt auch aus Kroatien, ist mit Leib und Seele Trucker und sehr stolz auf mich. Ich bin sehr glücklich, dass ich hier die Chance bekommen habe, meinen Traum zu verwirklichen: Lkw-Fahrerin werden.

Seit 2021 fahre ich mit meinem Truck durch ganz Deutschland. Als Frau mache ich exakt den gleichen Job wie meine männlichen Kollegen. Meine Chefs sind super und stehen hinter mir. Aber trotzdem gibt es noch immer viele Männer denen der Respekt vor Frauen fehlt. Vorurteile - ich begegne ihnen immer wieder, aber ich weiß was ich kann, und das bestärkt mich.

Ich liebe meinen Job total. Ich habe Abwechslung, sehe sehr viel, komme an verschiedene Orte und kann selbständig arbeiten. Dieses Jahr werde ich noch den ADR-Schein machen. Dann werde ich auch Gefahrgut transportieren.

Was ich Frauen und Mädchen rate: Überwindet eure Ängste und traut euch was. Macht das was euch Freude bereitet und gebt nichts auf das Gerede der anderen. Folgt eurem Herzen und eurem Bauchgefühl.

Was ich mir wünsche: Dass sich die Menschen mit Respekt begegnen und von ihrer dummen Denkweise wegkommen, dass Männer besser wären als Frauen. Dass es keine Vorurteile mehr gibt und jeder die gleiche Chance bekommt. Vor allem würde ich es toll finden, wenn noch mehr Frauen sich hinter das Steuer eines Trucks setzen würden“.

Valentina Kokot lebt in Neumarkt Sankt Veit, ist verheiratet, Inhaberin der Berufskraftfahrerlizenz und arbeitet seit Ende 2020 bei der Spedition J. Greilmeier GmbH in Schwindegg und fährt 40-Tonner Sattelzüge deutschlandweit

Technik begeistert total

Claudia Wackerbauer rät Mädchen, sich zu trauen

Eine Frau als Maschinenbauchefin: Claudia Wackerbauer aus Ampfing.
Eine Frau als Maschinenbauchefin: Claudia Wackerbauer aus Ampfing. © Seitz

Claudia Wackerbauer (52) aus Ampfing, Geschäftsführerin. „Ich wuchs mit unserem Familienunternehmen auf. Bei der Ausbildung zur technischen Zeichnerin war ich das einzige Mädel unter lauter Jungs. Ich machte mein Fachabitur und studierte Maschinenbau. Mein Beruf umfasst Beratung, Konstruktion und Bau hochwertiger Präzisionsmaschinen und Maschinenteile.

Es gibt nur wenige Frauen in meinem Beruf. Als ich 1993 mein Studium abschloss, schafften von 180 Studenten 60 den Abschluss. Wir waren drei Frauen. Eine Streberin war ich nie, aber das, was mir richtig viel Spaß gemacht hat, darin war ich gut. Von klein auf wollte ich wissen wie die Dinge funktionieren. Technik begeisterte mich total.

Noch heute haben viele Männer ein komplett falsches Frauenbild. In unserer Firma dulde ich es nicht, dass jemand diskriminiert, benachteiligt oder ausgegrenzt wird. Früher kamen oft Sprüche wie „ist von den Männern keiner da“, wenn jemand ein technisches Problem hatte. Ich sagte dann: „Das kann ich auch“ und zeige den Herren was ich drauf habe. Der Druck auf Frauen ist noch immer enorm groß, sie werden noch immer oft nach dem Erscheinungsbild beurteilt.

Was ich Mädchen und Frauen rate: Bildet euch stetig fort und bleibt am Ball. Eignet euch viel Wissen an. Macht, was euch Spaß bereitet und traut euch was. Was ich mir wünsche: Toleranz, keine Gleichmacherei. Jeder sollte seinen Platz finden, egal ob Frau oder Mann.

Wacker ist Diplom Ingenieurin Maschinenbau und zusammen mit ihrem Bruder Günther Geschäftsführerin der Firma Wackerbauer Maschinenbau in Ampfing. Sie ist verheiratet.

Sie kommandiert die Feuerwehr

Nicole Schwenk: Es braucht mehr Frauen in Führungspositionen

Nicole Schwenk ist mit Leib und Seele Feuerwehrfrau.
Nicole Schwenk ist mit Leib und Seele Feuerwehrfrau. © Seitz

Nicole Schwenk (48), Feuerwehrkommandantin. „Ich bin seit 1991 bei der Freiwilligen Feuerwehr in Weidenbach. Bei uns ist die ganze Familie bei der Feuerwehr aktiv. Als ich vor 31 Jahren zur FFW Weidenbach ging, waren wir vier Frauen, heute sind wir 14 von 53 aktiven Feuerwehrleuten. Damals gehörte ich zu den ersten im ganzen Landkreis Mühldorf. Ich wurde offen und ohne Vorurteile von meinen männlichen Kameraden aufgenommen. Als Feuerwehrfrau macht man die gleiche Ausbildung und Arbeit wie sie. 2012 wurde ich zweite Kommandantin, drei Jahre später Erste. Frauen in Führungspositionen sind bei der Feuerwehr extrem rar. Sie haben es in dieser Männerdomäne als Führungskraft schwer. Als einfache Kameradin ist das einfacher. Sobald Frauen den Männern jedoch übergeordnet sind, kommen die Probleme. Manchen Männern mangelt es an Respekt. Dabei sollte man sich blind aufeinander verlassen können. Wenn ein Haus brennt, rennt eine Feuerwehrfrau genauso hinein und rettet Leben wie ein Mann.

Als Kommandantin lastet eine Menge Verantwortung und Arbeit auf einem. Als Frau darf mir nicht der geringste Fehler unterlaufen. Mein Einsatz ist ehrenamtlich, ich investiere dafür mein ganzes Herzblut und viel Zeit. Der Zusammenhalt und die Kameradschaft bei der Weidenbacher Wehr sind klasse. Frauenquote finde ich unnötig, es sollte doch um Leistung gehen und sonst um nichts. Was ich mir wünsche: Dass Frauen in allen Positionen akzeptiert werden und Gleichstellung nicht nur ein Wort ist, sondern auch im Beruf, im Verein und im Leben allgemein umgesetzt wird. Mobbing darf kein Tabuthema mehr sein. Niemand ist besser oder schlechter. Die Leistungen der Frauen müssen anerkannt werden. Es sollten mehr Frauen in Führungspositionen sein, auch bei der Feuerwehr“.

Nicole Schwenk aus Weidenbach ist verheiratet und Mutter von drei Kindern (19, 24, 26). Sie ist Frauenbeauftragte im Landkreis Mühldorf für die Frauen bei der Feuerwehr und seit 2015 Erste Feuerwehrkommandantin der Freiwilligen Feuerwehr Weidenbach, Ausbildung Maschinist, Gruppenführer, Funklehrgang und Kommandant.

Im Job ist‘s egal ob Mann oder Frau

Bernadette Stalleder: Mobbing darf kein Tabuthema sein

Bernadette Stalleder, Meisterin mit eigenem Betrieb..
Bernadette Stalleder, Meisterin mit eigenem Betrieb.. © Seitz

Bernadette Stalleder (34), Maler- und Lackierermeisterin. „Mit 16 habe ich meine Ausbildung zur Maler- und Lackiererin gemacht. In dem Ausbildungsbetrieb hatte ich es sehr schwer, Mobbing war dort an der Tagesordnung. Für mich war klar, dass ich selbst so etwas niemals zulassen würde. Mit 19 machte ich meinen Meister, mit 20 hatte ich meinen eigenen Betrieb. Inzwischen bin ich Obermeisterin bei der Maler- und Lackiererinnung Altötting-Mühldorf und Berufsschullehrerin. Da bekomme ich sehr viel mit. Mobbing ist in einigen Betrieben ein großes Problem. Vor allem junge Frauen von 16 bis Mitte 20 haben es im Berufsleben nicht immer einfach. Manchmal suchen sie bei mir Rat. Ich möchte nicht alle über einen Kamm scheren, aber Fakt ist, dass es noch immer Vorurteile gegen Frauen gibt. Ich liebe meinen kreativen Beruf und freue mich über zufriedene Kunden. Gute Handwerksarbeit ist sehr wertvoll. Dabei ist es egal, ob Männer oder Frauen den Job machen. Was ich Frauen und Mädchen rate: Begegnet euren Mitmenschen mit Respekt. Lasst euch auf keinen Fall ausnutzen. Hört nicht auf böses Gerede von anderen, vertretet eure eigene Meinung. Was ich mir wünsche: Dass jeder den Job machen kann, den er möchte und worin er richtig gut ist. Die Frauenquote bringt gar nichts, weil es dabei nicht um Eignung geht. Jeder sollte die gleiche Chance bekommen, egal ob Mann oder Frau. Mobbing darf kein Tabuthema mehr sein, es muss bekämpft werden. Gleichberechtigung für alle, Menschlichkeit und ein friedvolles Miteinander würde das Leben für alle besser machen“.

Bernadette Stalleder aus Ampfing ist Maler- und Lackierermeisterin, erster weiblicher Obermeister bei der Maler- und Lackiererinnung in Mühldorf-Altötting, seit 2007 selbstständig mit eigenem Betrieb in Ampfing, sie wird zum ersten Mal Mama.

Man kann Männer überraschen

Elke Thran war die erste Metallbaumeisterin Bayern

Elke Thran sagt, als Frau darf man nicht zimperlich sein.
Elke Thran sagt, als Frau darf man nicht zimperlich sein. © Seitz

Elke Thran (46) aus Buchbach: „Ich bin im Metallbaubetrieb meiner Eltern und somit in diesem Handwerk aufgewachsen. Wir sind eine Vollblut-Schlosserfamilie. Als ich meine Ausbildung machte, war ich die einzige Frau. Mit 23 machte ich meinen Meister und ein Jahr später hatte ich meinen eigenen Betrieb. Ich war die erste Metallbaumeisterin in Bayern. Neben meinem Vollzeitjob war ich in meinem Leistungssport Schießen sehr aktiv. Vorurteile habe ich zum Glück noch nie erlebt, aber Fakt ist, dass die Blicke der Leute oft mehr sagen als Worte. Kommt man als Frau in einem Männerberuf irgendwohin, wird erst einmal geprüft, ob „die“ überhaupt etwas kann. Wenn die Leute dann aber sehen, dass man genauso hart arbeitet wie die Männer, sind sie überrascht. Auf Baustellen herrscht ein rauer Ton. Da darf man nicht zimperlich sein. Was ich Frauen und Mädchen rate: Mit einem starken Willen kann man alles schaffen. Was ich mir wünsche: Dass die Menschen erkennen, was wirklich wichtig im Leben ist. Statt auf andere zu schauen, sollten sie auf sich selbst schauen. Die Menschen werden zusehends unzufriedener. Dabei wäre Toleranz, Akzeptanz und Respekt im Umgang miteinander sehr wichtig“.

Elke Thran (46) ist Metallbaumeisterin aus Buchbach, seit 1999 hat sie einen eigenen Betrieb. Sie ist verheiratet, Mutter eines Sohns, Sportschützin, bis zum 25. Lebensjahr im Bayernkader.

Frauen müssen mehr Leistung bringen

Mit Leib und Seele Landwirtin und Bürgermeisterin.
Mit Leib und Seele Landwirtin und Bürgermeisterin. © Seitz

Antonia Hansmeier (38) Erste Bürgermeisterin. „Nach meinem Schulabschluss habe ich eine Ausbildung zur Bankkauffrau und meinen Fachwirt absolviert. Mit meinem Ehemann bewirtschafte ich unseren familiengeführten landwirtschaftlichen Betrieb. In gleichem Maße wie ich mich als Landwirtin für die bäuerliche Landwirtschaft stark mache, setze ich mich auch für die Belange der Bürgerinnen und Bürger ein. Natürlich wird man als Frau in diesen Männerdomänen nicht in Watte gepackt. Man muss die gleiche oder gar mehr Leistung erbringen als die Männer.

Ich will Gutes in unserer Gemeinde bewegen, die Menschen wieder enger zusammenzubringen und die Weichen für eine gute Zukunft stellen. Ich investiere viel Zeit in meine Arbeit und bereite mich akribisch vor, damit mir keine Fehler unterlaufen und ich keine Angriffsfläche biete. Was ich Frauen und Mädchen rate: Seid mutig, geht euren Weg immer geradeaus, seid fleißig, setzt euch Ziele und lasst euch von nichts und niemandem verbiegen. Seid für alles offen und ganz wichtig – seid selbst ohne Vorurteile.“

Antonia Hansmeier aus Heldenstein ist verheiratet, Mutter von zwei Kindern (14 und 17 Jahre), Landwirtin, CSU-Kreisrätin, Erste Bürgermeisterin der Gemeinde Heldenstein und Vorsitzende der Verwaltungsgemeinschaft Heldenstein.

„Haltet immer an euren Zielen fest“

Steinmetzmeisterin mit eigenem Betrieb.
Steinmetzmeisterin mit eigenem Betrieb. © Seitz

Franziska Kreipl-Poller (44), Steinmetzmeisterin. „Nach dem Abitur habe ich bis 2000 die Ausbildung zum Steinmetz gemacht. Wir waren in der Berufsschule und auf der Meisterschule zwei Frauen, inzwischen sind etwa ein Drittel der Steinmetze weiblich. Seit 2007 bin ich selbstständig. Ich meistere meinen Job, Haushalt, Familie und alles, was zum Leben gehört. Zum Glück musste ich im Beruf nie schlechte Erfahrungen sammeln. Mobbing oder Diskriminierung widerfuhr mir selbst nie. Ich wurde von meinen Vorgesetzten, Kollegen und Kunden stets akzeptiert und meine Arbeit wurde geschätzt. Mein früherer Chef sagte immer „seit die Damen da sind, ist der Umgangston nicht mehr so rau“. Was ich Frauen und Mädchen rate: Steht zu dem, was ihr machen möchtet und haltet an euren Zielen fest. Niemand ist besser oder schlechter als der andere, egal ob Mann oder Frau.“

Franziska Kreipl-Poller aus Ampfing, ist verheiratet, hat zwei Kinder (4 und 7 Jahre) und hat ihren Betrieb in Weidenbach.

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