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Überzeugen, nicht auf der Straße festkleben – Die Rettung der Erde beginnt in Mühldorf

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Von: Christa Latta

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Fridays for Future Mühldorf
„Fürs Klima marschieren oder später schwimmen“ steht auf dem Plakat, das Nina (von links), Fanny und Elisa von „Fridays for Future“ am Mühldorf Stadtplatz ausrollen. © Christa Latta

Sie haben dasselbe Ziel wie die Klima-Aktivisten von „Letzte Generation“, nämlich den Planeten zu retten, aber sie verfolgen es mit anderen Mitteln. Die Organisatorinnen des Mühldorfer Klimamarschs erklären, was sie vorhaben.

Mühldorf - Sich mit den Händen auf der Straße festkleben, von genervten Autofahrern beschimpft und von der Polizei weggetragen werden - das ist nicht der Weg, mit dem „Fridays for Future“ für umfassende Klimaschutz-Maßnahmen kämpft. „Wir wollen niemanden nötigen oder bevormunden, sondern überzeugen“, erklärt Elisa Blatz (22), angehende Metallbauerin aus Mühldorf. Zusammen mit den beiden Gymnasiastinnen Nina Kozel (16) aus Waldkraiburg und Fanny Weishäupl (17) aus Mühldorf organisiert sie den Klimamarsch am Freitag, 3. März, in Mühldorf.

„Fridays for Future“ ruft am 3. März zum globalen Klimastreik auf. In Mühldorf startet die Klimaschutz-Demonstration an diesem Tag um 15 Uhr am Bahnhofsplatz mit Marsch zum Stadtplatz, dort findet die Abschlusskundgebung statt. Jeder kann mitmarschieren und jeder, der etwas zum Klima zu sagen hat, kann am Stadtplatz ans offene Mikrofon treten und vor der versammelten Menge sprechen. „So eine Veranstaltung auf die Beine zu stellen, ist richtig viel Arbeit“, haben die drei festgestellt. Den Klimastreik in Mühldorf haben sie beim Landratsamt angemeldet und die geschätzte Teilnehmerzahl mit 200 angegeben. Sie sind von Laden zu Laden, um Plakate für die Demo aufzuhängen. Mehrmals wurde ihnen dabei gesagt: „Ich hänge das Plakat nur auf, wenn ihr euch nicht auf der Straße festklebt.“ Geduldig haben sie erklärt, dass das nicht ihre Vorgehensweise sei. „Auch wenn unser Ziel das Gleiche ist“, sagt Fanny und die anderen nicken zustimmend.

Immer freitags nach der Schule

Es ist die erste Demo, die von Dreien gemeinsam vorbereitet wird, aber sie waren schon vorher aktiv. „Zum Black Friday hatten wir einen Infostand am Stadtplatz, um über Konsum und Klimaschutz aufzuklären“, berichtet Elisa. Momentan ist die Gruppe der Aktiven in den Landkreisen Mühldorf und Altötting mit sieben bis neun Personen recht klein. „Wir wollen aber zumindest einmal pro Monat freitags an öffentlichen Orten streiken“, berichtet Fanny von den Plänen, mehr Öffentlichkeit zu erreichen. Nina ergänzt: „Wir streiken immer erst nach der Schule um 15 Uhr. Dann hat jeder noch Zeit fürs Mittagessen und andere Dinge und ich kann zum Beispiel den Zug von Waldkraiburg nach Mühldorf erwischen.“ Und auch bei Elisa im Handwerksbetrieb ist Freitagmittag schon Arbeitsende.

Fridays for Future 2022 MÜ
Auch im März 2022 marschierten die Klimaschützer vom Bahnhof zum Mühldorfer Stadtplatz. © Fridays for Future

Der Gedanke an die eigene Zukunft treibt die drei jungen Frauen um, die Angst vor dem Ungewissen ist Antrieb für ihr Engagement. „Was wird in 20 Jahren sein? Ist es für unsere Generation noch verantwortungsbewusst, Kinder in die Welt zu setzen“, Nina bezweifelt das. „Der Klimawandel ist menschengemacht, wir können aber etwas dagegen tun.“ Es sei frustrierend, dass nichts geschieht. Die drei sind keine lauten Klima-Aktivisten, sie wirken eher still und bedacht, sind hoch motiviert und wissen, worauf es ihnen bei ihrem Protest ankommt. Nicht um Konflikte mit Schulleitungen wegen verpasstem Unterricht oder vom Protest genervten Mitbürgern. Sie wollen andere nicht verärgern, sie wollen sie zum Umdenken bewegen. „Wir verstehen den Frust der Leute von“ Letzte Generation“, weil einfach zu wenig für die Erreichung der Klimaziele gemacht wird, aber wir wollen konstruktiver sein.“ Sie nehmen sich das Recht, die Einhaltung des im Pariser Klimaabkommen vereinbarten 1,5-Grad-Ziels auf der Straße einzufordern - und hoffen, dass sich viele ihrem Protest anschließen.

Die Politik solle etwa im Sinne der Mobilitätswende Angebote und Rahmenbedingungen schaffen, damit die Bürger vom eigenen Auto auf gut getaktete öffentliche Verkehrsmittel oder sichere Radwege umsteigen können. „In unserem Landkreis sind doch nur so viele Leute auf das Auto angewiesen, weil es keine guten Alternativen dazu gibt“, merkt Fanny an. Um etwas zu ändern, brauche es ein Umdenken in der Gesellschaft. Auch an den Schulen sollte mehr darüber gesprochen werden, denn, so Fanny: „Selbst viele Jugendliche wissen nicht, was Nachhaltigkeit ist.“ Es gebe einfach noch zu viel Unwissen bei denen, die sich nicht so sehr mit dem Klimawandel beschäftigen. „Zwei Grad wärmer in Deutschland, diese Vorstellung finden viele sogar angenehm“, weiß Nina. „Aber dabei bleibt es nicht. Auch bei uns gibt es immer öfter Stürme, Überschwemmungen und Dürre und das wird noch schlimmer werden.“ In ganz Europa habe es im Jahr 2021 schon 15.000 Hitzetote gegeben. Solchen Auswirkungen und materiellen Schäden mit Maßnahmen zum Klimaschutz vorzubeugen, würde sich für die Menschheit künftig auch in barer Münze auszahlen.

Das fordert „Fridays for Future“ vom Landkreis

Bereich „Verkehr“: Der ÖPNV soll für jeden bezahlbar und zuverlässiger werden; neben jeder Straße soll es einen richtigen Fahrradweg geben, nicht nur aufgemalte; der Mühldorfer Stadtplatz soll autofrei werden und die Ladesäuen für E-Autos in solche für E-Bikes umgerüstet werden; Parkplätze entlang von Straßen sollen entfernt und durch Radwege ersetzt werden.

Thema „Energie“: Photovoltaikanlagen sollen für neue Gebäude Pflicht werden; bis spätestens 2035 soll sich der Landkreis zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien versorgen.

„Abfall“: Es soll mehr Kategorien für die sortenreine Trennung von Recycling-Abfall geben; an öffentlichen Plätzen sollen Mülleimer mit drei Kategorien - Papier, Plastik, Restmüll - installiert werden.

„Landwirtschaft“: Im Landkreis sollen regionale und Bio-Landwirtschaft gefördert werden.

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