1. ovb-online-de
  2. Mühldorf
  3. Region Mühldorf

Raus aus dem Corona-Gefängnis – Altenheime in Mühldorf fordern allgemeine Impfpflicht

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Markus Honervogt

Kommentare

Ein Gruß aus der Quarantäne: Beim ersten Lockdown vor zwei Jahren hofften Bewohner und Mitarbeiterinnen des Caritasheims in Mühldorf, dass die Pandemie schnell vorbei gehen möge. Heute ist klar: Sie bleibt.
Ein Gruß aus der Quarantäne: Beim ersten Lockdown vor zwei Jahren hofften Bewohner und Mitarbeiterinnen des Caritasheims in Mühldorf, dass die Pandemie schnell vorbei gehen möge. Heute ist klar: Sie bleibt. © DC-X

Die Impfpflicht für Mitarbeiter in Pflegeeinrichtungen reicht nach Ansicht heimischer Altenheimleiterinnen nicht aus. Sie fordern den Piks für alle. Und Änderungen bei Tests.

Mühldorf – Nur ein Bewohner im Mühldorfer Caritas-Altenheim ist nicht gegen Corona geimpft. „Ich komme gerade von ihm“, sagt Hausleiterin Ilona Brunner kopfschüttelnd. „Es gab wieder Diskussionen, weil er sich auch nicht testen lassen will.“

Seit zwei Jahren tief im Schatten der Corona-Pandemie

Seit zwei Jahren stehen Altenheim wie kaum eine andere Einrichtung im Schatten der Corona-Pandemie und die Leiterinnen befürchten, dass das so bleibt. „Ich mache mir wirklich Sorgen, wenn es die nächsten Jahre so weitergeht“, malt Brunner ein düsteres Bild. „Es ist wie im Gefängnis.“

Viele strenge Zwangsbestimmungen

Wochenlang waren Altenheime 2020 für jeden Besucher geschlossen. Es folgten strenge Zugangsbeschränkungen, Quarantänevorschriften für ganze Häuser oder einzelne Stationen, die tagelange Isolation von neuen Bewohnern, mancherorts sogar Ausgangsverbote. Aus Angst, die alten Menschen könnten das Virus mit nach Hause bringen.

Virus schränkt Alltag weiter massiv ein

Bis heute prägt Corona den Alltag. Drei Mitarbeiter sind im Caritas-Heim Mühldorf aktuell wegen einer Quarantäne nicht arbeitsfähig, vier Bewohner infiziert. „Zum Glück nicht schwer krank“, sagt Brunner.

Auch im Altenheim St. Veit in Neumarkt-St. Veit sind wieder Bewohner infiziert. „Bei derart hohen Inzidenzen hat es auch uns nun wiederholt erwischt“, sagt Leiterin Karin Wimmer.

Ilona Brunner.
Ilona Brunner. © Privat

Auswirkungen den Virus in Heimen besonders drastisch

Das Problem im Vergleich zu anderen Menschen: „Die Auswirkung ist in den Heimen meist dramatischer.“ Der Impfschutz wirke bei alten Menschen oft nicht so gut oder so lange. Radikale Schutzmaßnahmen wie Quarantäne und Besuchsverbot seien die Konsequenzen. Und wie ihre Mühldorfer Kollegin Brunner, weist Wimmer auf die massiven Folgen hin: „Das ist sehr belastend für unsere Bewohner, gerade auf die inzwischen lange Dauer dieser Pandemie.“

Einrichtungsbezogene Impfpflicht reicht nicht

Einen Ausweg bietet die einrichtungsbezogene Impfpflicht auf keinen Fall. Brunner listet auf: Jeder Haustechniker, jeder Lieferant, die Hausleitung, die Pflegerinnen müssten nach diesem Gesetz geimpft sein. Angehörige und Bewohner aber nicht. „

So kommt die Gefahr immer ins Haus“, sagt sie. Gefahr, die von Menschen ausgeht, die nach Ansicht Wimmers zu den wichtigsten Bezugspersonen der Bewohner gehören: Kinder und Enkel, Ehepartner. Und die müssen nicht geimpft sein. Für die beiden Leiterinnen gibt es nur einen Ausweg: die allgemeine Impfpflicht. Denn nur wenn alle Bewohner geimpft seien und auch die Menschen, mit denen sie engeren Kontakt haben, könnten sie wirklich geschützt werden. Und die Versorgung in den Heimen auch, betont Brunner. „Denn wenn ich Mitarbeiter freistellen muss, wo soll ich denn neue herbekommen?“ Vor allem im Pflegebereich sei kaum jemand zu finden, der sich für ein paar Monate einstellen ließe und dann vielleicht wieder gehen müssen.

Mit dem Virus leben lernen

Natürlich wissen Brunner und Wimmer, dass damit das Virus nicht aus der Welt ist. „So wie alle anderen Bevölkerungsgruppen auch, werden wir lernen müssen, mit dem Virus zu leben“, sagt Wimmer. Und dazu gehören für die beiden Leiterinnen bessere Tests, also PCR-Tests.

Karin Wimmer.
Karin Wimmer. © Privat

Schnelltests reichen nicht aus

Brunner schildert ihre Erfahrungen so: „Schnelltests reichen nicht, seit Omikron gibt es erst dann ein positives Ergebnis, wenn jemand schon Symptome hat.“ Vorher nicht. „Soll ich dann alle auf Vorrat isolieren?“ Einzelne PCR-Test sind nach Angaben der beiden Leiterinnen aktuell aber kaum möglich, da es kaum Labors gibt, die sie untersuchen. Brunner spricht von einem Hausarzt, der regelmäßig ins Caritasheim kommt, und die Tests im Verdachtsfall zur Auswertung mitnimmt. Öffentliche Teststellen nähmen die Heim-Tests nicht an, private seien zu teuer.

Keine strengeren Einschränkungen

Die Leiterin des Altenheims in Neumarkt-St. Veit weiß einen Ausweg: Pooltest, wie in Schulen. „Mit einem Pooltest wäre ein PCR-Test möglich, das wäre ein gewisser Sicherheitsfaktor.“ Denn deren Auswertung sei einfacher und billiger, als viele Einzel-PCR-Tests. „Testen rein über Schnelltests verhindert dagegen keine Ausbrüche in den Heimen.“

Bedrohung für alte Menschen kleiner machen

Darum aber geht es: die Bedrohung der Menschen in den Seniorenheimen kleiner zu machen. Das muss nach Ansicht Brunners und Wimmers so geschehen, dass die Menschen dort weitgehend normal leben können. Die weiteren strengen Verbote und Beschränkungen lehnen beide Leiterinnen ab.

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion