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Nach Boystown-Urteil: Polizei jagt jetzt die Nutzer der Kinderporno-Plattform

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Von: Markus Honervogt

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Der letzte Gang vor den Richter: Alexander G. aus dem Landkreis Mühldorf gilt als Hauptverantwortlicher für den Betrieb der Kinderpornoplattform „Boystown“.
Der letzte Gang vor den Richter: Alexander G. aus dem Landkreis Mühldorf gilt als Hauptverantwortlicher für den Betrieb der Kinder-Porno-Plattform „Boystown“. © Boris Roessler/dpa

Gegen die Betreiber der kinderpornografischen Plattform „Boystown“ im Darknet hat das Frankfurter Landgericht hohe Haftstrafen verhängt. Doch damit ist der Fall nicht abgeschlossen, jetzt will die Polizei andere Nutzer ermitteln.

Frankfurt/Mühldorf - Mit den langjährigen Haftstrafen für vier Männer ist der Prozess um die Kinderporno-Plattform „Boystown“ in Frankfurt zu Ende gegangen. Die Ermittlungen aber gehen weiter. Das teilte Sebastian Zwiebel, Sprecher der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft nach Angabe der DPA nach dem Urteil mit. „Wir haben eine Vielzahl an Nutzern identifiziert“, sagte Zwiebel. Er hoffe, dass auch in Zukunft Erfolge der Ermittlungsarbeit zu vermelden seien. 400.000 Mitglieder müssen jetzt mit ihrer Entdeckung und Strafen rechnen.

Andere Plattformen existieren weiter

Trotz des Urteils sei es möglich, dass solche Plattformen existieren oder in Zukunft wieder aufgebaut würden, sagte Zwiebel. Doch jeder, der dies tue, müsse wissen, dass er strafrechtlich verfolgt werde, auch international. Dies gelte auch für Nutzer derartiger Plattformen sowie Täter, die Aufnahmen von sexueller Gewalt dort einstellten.

„Das Darknet ist weder ein rechtsfreier noch ein strafverfolgungsfreier Raum“, sagte Zwiebel. Die verpflichtende, vollständige Speicherung von IP-Adressen wäre ein wirksames Ermittlungselement, um Tatverdächtige und Plattformen im Darknet zu identifizieren, fügte der Sprecher hinzu.

Alexander G. kommt nie mehr frei

Mehr als eine Million Beiträge mit Fotos und Videos von schwerer sexueller Gewalt an Kindern waren auf Boystown veröffentlicht. Die meisten der jetzt in Frankfurt verurteilten vier Angeklagten haben sich auch selbst an Kindern, zum Beispiel den eigenen, vergangen. Jetzt müssen alle lange in Haft, einige werden das Gefängnis nicht mehr verlassen.

Im Zentrum stand der 49-jährige Alexander G., den die Polizei im Mai 2021 auf einem Weiler im Landkreis Mühldorf bei einer Razzia verhaftet hat. Die Razzia war ein Teil einer abgestimmten Aktion, bei der die Polizei auch Täter in Paraguay oder Hamburg festsetzte. G, der als Administrator des Netzwerks unter dem Decknamen „Jaydon“ tätig war, gilt als Gründer der Plattform. Er veröffentlichte dort auch heimlich aufgenommene Nacktfotos seiner eigenen Kinder.

Erhebliche kriminelle Energie

Die Frankfurter Richter sprachen von „erheblicher krimineller Energie“ der Angeklagten. Über Jahre hinweg und international seien auf der Plattform Dateien ausgetauscht worden. Sexueller Missbrauch habe immer psychische und physische Folgen für die Opfer, die in ihrem Ausmaß nicht vorhersehbar seien, sagte der Vorsitzende Richter Christian Annen.

Alexander G. muss jetzt für zwölf Jahre ins Gefängnis, anschließend darf er aufgrund der vom Gericht angeordneten Sicherheitsverwahrung nicht entlassen werden.

Alexander G. hatte dem Gericht seine eigene Kastration angeboten, damit er sich nicht mehr an Kindern vergehe. Zusammen mit einem anderen Hauptangeklagten wurden ihm von Gutachtern die schlechtesten Prognosen gestellt. Ihm sei zuzutrauen, erneut ein Kinder-Porno-Netzwerk zu gründen.

Ein 42-Jähriger aus Paderborn muss zehneinhalb Jahre ins Gefängnis, auch für ihn ordneten die Richter Sicherungsverwahrung an. Ein 60-Jähriger, der in Paraguay festgenommen worden war, muss acht Jahre ins Gefängnis. Gegen einen 66-Jährigen aus Hamburg verhängten die Richter eine Strafe von sieben Jahren.

400.000 Nutzer weltweit auf Boystown unterwegs

400.000 Benutzerkonten sollen weltweit mit der Plattform verbunden gewesen sein. Als sie Beamte des BKA im April abschalteten, entdeckten sie mehr als eine Million Forenbeiträge. Enthalten waren Aufnahmen von teilweise schwerster sexueller Gewalt an Kindern.

Die Richter würdigten in ihrer Urteilsbegründung zugleich, dass der 42-jährige Paderborner mit den Ermittlern umfassend zusammengearbeitet habe. Er habe von sich aus mitgeteilt, dass der Server sich verschlüsseln würde, wenn nicht ein Passwort eingegeben werde.

Zum Schutz der Opfer hatte der Prozess weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden. Er begann im September. Als die Plattform vergangenes Jahr von den Ermittlern abgeschaltet wurde, war sie die damals weltweit größte. Gegründet worden war sie im Juni 2019.

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