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Mühldorfer Familie fassungslos: Stadtrat lässt ihren Traum vom eigenen Häuschen platzen

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Von: Christa Latta

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Egger-Huber Lohmühlsiedlung Mühldorf
Die Mühldorfer Familie Lisa Huber und Robert Egger mit Töchterchen Lisa und den Zwillingen Anna und Ben in dem Stück Garten, auf dem ihr Haus stehen sollte. © Christa Latta

Obwohl in einigen großen Gärten der Lohmühlsiedlung in Mühldorf zusätzliche Häuser gebaut werden durften, konnte sich der Stadtrat nicht zu einem Baurecht für alle durchringen. Was das für eine junge fünfköpfige Familie bedeutet, die mehr Platz für ihre Kinder schaffen will.

Mühldorf – Mehrheitlich hat sich Mühldorfs Stadtrat gegen einen Bebauungsplan für die Lohmühlsiedlung ausgesprochen. Mit ihrem Handzeichen gegen den Bebauungsplan haben 18 von 26 Stadträten gleichzeitig die Baupläne einiger Anwohner der Siedlung über den Haufen geworfen. Ein Paar, dessen Wunsch auf ein eigenes Häuschen geplatzt ist, ist Lisa Huber (29) und Robert Egger (34).

Kein Haus auf eigenem Grund

Die Krankenschwester und der Friedhofsmitarbeiter können es gar nicht fassen: Sie dürfen nicht im weitläufigen Garten von Robert Eggers Vater bauen. Dass über ihre Köpfe hinweg entschieden wurde, dass sie auf eigenem Grund und Boden kein neues Heim für ihre fünfköpfige Familie schaffen können, entsetzt sie.

Bestehender Platz reicht einfach nicht

Ja, sie haben schon ein Haus, das, wie in der Lohmühlsiedlung üblich, als Doppelhaushälfte direkt an das des Opas gebaut ist. „Der Platz darin reicht einfach nicht, um jedem der Kinder ein eigenes Kinderzimmer zu gönnen, wenn sie erst groß genug sind“, erklärt Robert Egger. Drei Kinder waren eigentlich nicht geplant, aber das Schicksal meinte es anders, und hat dem Paar und der kleinen Lena (3) vor gut vier Monaten mit den Zwillingen Anna und Ben Babyglück im Doppelpack beschert.

Keine weitere Zufahrt nötig

Ihr bestehendes Haus könnten sie nicht so erweitern, dass sich die Wohnfläche entscheidend vergrößern ließe. „Deshalb wollten wir auf rund 250 Quadratmetern im Garten ein neues Haus bauen“, erzählen die beiden. „Dafür müsste auch nur ein einziger Apfelbaum gefällt werden, der bei jedem Gewitter Äste verliert und schon von innen her verfault.“ Nicht mal eine weitere Zufahrt müsste geschaffen werden und das neue Haus wäre von der Straße aus kaum zu sehen. Mit acht Metern Firsthöhe und Spitzdach sollte sich das neue Heim gut in die Umgebung einfügen.

Egger Huber Lohmühlsiedlung
In diesem Haus wohnt die Familie - für fünf Personen wird es ihnen aber zu klein, sobald die Kinder größer werden. © Christa Latta

„2016 hatten wir bei der Stadt gefragt, ob es möglich ist, in den Garten der Eltern zu bauen“, sagt Egger. „Da hieß es, das wäre kein Problem.“ Schon immer hatten seine Eltern den Plan gehabt, die Kinder auf dem rund 1000 Quadratmeter großen Grundstück bauen zu lassen. 2017 konnte das Paar durch Zufall das Haus gleich nebenan kaufen, die rund 115 Quadratmeter mit Baujahr 1939 haben sie nach ihren Wünschen hergerichtet und wohnen gern darin.

Ein Fertighaus mit rund 160 Quadratmetern Wohnfläche war ihr Traum, auf Baugrund, der sie nichts kosten würde. Sie hatten sich ausgemalt, schon Ende des Jahres einziehen zu können. Daraus wird heuer und wohl auch in Zukunft nichts werden.

Landratsamt verweist auf Gleichbehandlung

„Im Oktober 2022 hatten wir beim Landratsamt einen Antrag auf Vorbescheid gestellt“, so Lisa Huber. „Das Landratsamt hat uns gebeten, den Antrag zurückzunehmen, ansonsten wird er ihrerseits abgelehnt. Ablehnungsgründe wären der Flächennutzungsplan, da dort das Grün gekennzeichnet ist, der fehlende Bauleitplan und weil sie einen früheren Antrag der Nachbarin auch schon mal abgelehnt haben und damit eine Genehmigung für uns juristisch nicht vertretbar wäre.“

Andere Nachbarn durften bauen

Lisa Huber und Robert Egger fühlen sich nun ungleich behandelt, die Ablehnung ihres Bautraums ist für sie völlig unverständlich. Denn in der Lohmühlsiedlung wurde schon in mehrere Gärten ein zusätzlicher Neubau gesetzt – in zweiter, aber auch ganz prominent in erster Reihe: „Da sind das Grün und mehrere Bäume doch auch weg.“ Einen Tipp habe das Landratsamt der Familie noch gegeben: „Wir könnten ja klagen oder warten, bis in drei Jahren ein neuer Stadtrat gewählt ist.“ Beides erscheint ihnen wenig aussichtsreich.

Bürgermeister war für Baurecht

„Vergleichbare Nachverdichtungen wurden unter anderem in Mößling schon mehrfach durchgeführt und nur so konnten sich manche Familien überhaupt den Traum vom eigenen Heim verwirklichen“, bekräftigt Bürgermeister Michael Hetzl auf Nachfrage seine Meinung, die er auch in der Stadtratssitzung kund getan hatte.

Stadtrat hat entschieden – Das Thema ist erledigt

Er bleibt dabei: „Aus meiner Sicht sollte jeder selbst entscheiden können: Wer nachverdichten und etwa für seine Kinder ein Haus im Garten bauen möchte, darf das; wer nicht nachverdichten möchte, genießt selbstverständlich Bestandsschutz, zum Beispiel für den Baumbestand im Garten.“ Aber, die Entscheidung des Stadtrates zum Erlass eines Bebauungsplanes sei nun getroffen und die Verwaltung an die Entscheidung des Stadtrates gebunden.

Landratsamt fordert Bauleitplanung, Stadträte überlegen es sich anders

Für die Siedlung im Süden Mühldorfs wurden beim Landratsamt bereits einige Anfragen für den Bau von Einfamilienhäusern gestellt und abgelehnt. Das Landratsamt fordert für dieses Gebiet eine Bauleitplanung der Stadt. Laut Stadtverwaltung kann die Kreisstadt „auch ohne Einverständnis der Grundstückseigentümer Bauleitplanungen durchführen. Sie besitzt die Planungshoheit.“ Dem Grundstückseigentümer bleibe es aber überlassen, ob er baut oder nicht, es entstehe keine Baupflicht.

Der Bauausschuss der Stadt hatte sich noch für ein Baurecht ausgesprochen, im Stadtrat fiel dieses Ansinnen durch. In den drei Wochen zwischen den beiden Sitzungen hatten einige Stadträte ihre Meinung geändert. Sprachen sich für die Erhaltung des „grünen Idylls“ mit zahlreichen großen Bäumen in der Lohmühlsiedlung aus und dafür, dass sie keinen Unfrieden zwischen bauwilligen und bauablehnenden Nachbarn stiften wollen.

Die Stadträte konnten unabhängig von ihrer Fraktion frei entscheiden. Die SPD-Fraktion werde aber „mehrheitlich dagegen stimmen“, kündigte deren Sprecherin Angelika Kölbl in der Sitzung an. Ebenso die CSU, deren Sprecher Stefan Lasner sich persönlich gegen ein Baurecht stellte und Markus Saller zweifelte für die UM-Fraktion an: „Ob ausgerechnet dieses Gebiet für die städtische Nachverdichtung prädestiniert ist.“ Dr. Matthias Kraft stellte für die Grünen fest: „Wir sollten dieses grüne Kleinod erhalten und nur in der ersten Reihe eine Nachverdichtung ermöglichen.“ Auch die AfD lehnte den Antrag ab. Als Fürsprecher für das Baurecht meldeten sich in der Sitzung Ulrich Niederschweiberer (CSU) und Adolf Spirkl (UM) zu Wort: „Man darf es den Menschen nicht verwehren, in den Garten ihrer Eltern zu bauen. Ansonsten werden viele Hausträume wegen zu hoher Kosten zerplatzen.“

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