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Streit um die Zukunft der Geburtshilfe in Mühldorf: Droht jetzt das Aus?

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Von: Josef Bauer

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Ingrid Steinleitner, Stationsleitung der Entbindungsstation in Mühldorf, soll sich auch in Zukunft über Babies freuen.
Ingrid Steinleitner, Stationsleitung der Entbindungsstation in Mühldorf, soll sich auch in Zukunft über Babies freuen. © Bauer

Tögings Bürgermeister und CSU-Fraktionsvorsitzender im Altöttinger Kreistag, Dr. Tobias Windhorst, hat die Geburtshilfe am Klinikstandort in Mühldorf massiv infrage gestellt. Er fordert sogar deren Schließung. Diese Forderung wird von Vertretern der CSU, UWG, SPD und Grüne entschieden abgelehnt.

Mühldorf/Altötting – Die Entbindungsabteilung am Mühldorfer InnKlinikum wird von Tögings Bürgermeister und CSU-Fraktionsvorsitzenden im Altöttinger Kreistag, Dr. Tobias Windhorst, massiv in Frage gestellt. „Wir brauchen schnellere und deutlichere Fortschritte beim Abbau von Doppelvorhaltungen. Die Geburtshilfe in Mühldorf etwa, ist weder medizinisch sinnvoll noch wirtschaftlich tragfähig“, sagte Dr. Windhorst in einem Interview mit der Passauer Neuen Presse.

Gegenüber den OVB-Heimatzeitungen erklärte der Töginger Bürgermeister, der auch Mitglied im Verwaltungsrat der Klinik ist, dass die personellen Probleme der Station in Mühldorf an der unsicheren Zukunft der Station, wie sie alle Fachleute sehen, läge.

Nur 56 Kaiserschnitte in Mühldorf

„Seit Monaten versuchen wir gezielt Ärztinnen und Ärzte, Hebammen und Kinderkrankenpfleger fürs InnKlinikum zu gewinnen, um in Mühldorf neben den Kaiserschnitten auch wieder Spontangeburten anbieten zu können“, beteuert dazu Thomas Ewald, Vorstandsvorsitzender des InnKlinikums Altötting und Mühldorf. Aufgrund des massiven Fachkräftemangels in diesen Bereichen sowie der zu erwartenden Auswirkungen der 5. Pandemiewelle mit der Omikron-Variante auf den Klinikbetrieb könne er aber derzeit noch keinen genauen Zeitpunkt nennen. Der Vorstandsvorsitzende versicherte gegenüber den OVB-Heimatzeitungen, dass sich am Fusionsvertrag nichts geändert habe. „Wir führen seit 5. Oktober 2020 wieder geplante Kaiserschnitte durch. Im Jahr 2021 waren es 56 im InnKlinikum Mühldorf.“ Man sei bestrebt, auch Spontangeburten wieder anbieten zu können.

Diese verlagerten sich ins InnKlinikum nach Altötting, wo die Zahl der Geburten auf 2056 im letzten Jahr angestiegen sind. „Die Planungen für den nördlichen Anbau am InnKlinikum Altötting, der unter anderem einen zusätzlichen Kreißsaal enthält, wurden viele Jahre vor der Fusion erstellt. Man kann also keinesfalls von einer Vorentscheidung hinsichtlich der Geburtshilfe in Mühldorf sprechen“, weist Ewald Mutmaßungen in diese Richtung zurück.

Heimerl verweist auf das medizinische Konzept

Auch Landrat Max Heimerl ist es durchaus bewusst, dass es unter anderem angesichts der Corona-Pandemie derzeit schwierig ist, die Geburtsstation in Mühldorf auch für Spontangeburten wieder zu eröffnen. „Es herrschte jedoch bislang Konsens innerhalb des Verwaltungsrates, dass die Geburtshilfe auch künftig in Mühldorf erhalten bleibt. Dies ist auch im gemeinsam verabschiedeten medizinischen Konzept so verankert“ stellt Heimerl auf Anfrage unserer Zeitung heraus.

Es bleibt das erklärte Ziel, dass die Geburtshilfe in Mühldorf wieder den Betrieb in vollem Umfang aufnimmt. „Davon werden wir nach derzeitigem Stand auch nicht abrücken“, so Heimerl. Umso verwunderter zeigt er sich nun über die öffentlichen Äußerungen einiger Kollegen aus dem Landkreis Altötting. Schließlich sei das medizinische Konzept gemeinsam erarbeitet worden. Beide Kreistage hätten mit großer Mehrheit für dieses Konzept gestimmt.

Geburtenhilfe nicht für Defizit verantwortlich

Heimerl ergänzt: Die Geburtshilfe am Standort Mühldorf trage angesichts der finanziellen Unterstützung für kleinere Geburtsstationen durch den Freistaat derzeit kaum zum Defizit der Kliniken bei.

„Die strategische Weichenstellung für die klinische Versorgung in unserer Region ist nicht erst seit der Corona-Pandemie eine große Herausforderung. Mit der Fusion der Kliniken haben wir uns im engen Schulterschluss der beiden Landkreise bisher erfolgreich auf den Weg gemacht. Wir müssen weiterhin professionell und klug sowie zukunftsorientiert und gemeinsam die künftige Entwicklung unseres InnKlinikums gestalten“, sagt der Mühldorf Landrat.

Nach Ansicht Heimerl gehört es sich, dass strategische Schwerpunkte zunächst intern diskutiert werden. „Vorab öffentlich Interviews zu geben und dabei Veränderungen im Nachbarlandkreis zu fordern, ist unkollegial und unprofessionell.“ Diese Vorgehensweise schaffe keine konstruktive Ausgangssituation für weitere Gespräche. Vielmehr sollte eine strategischen und ausgewogene Planung im Fokus stehen. Man sollte an „intensiver Diskussion und Beschlussfassung sowie einer gemeinsamen Kommunikation nach außen festhalten“, forderte Heimerl von der Altöttinger Seite.

So reagieren die Fraktionsvertreter im Mühldorfer Kreistag

„Es gibt einen Fusionsvertrag, der zum Inhalt hat, dass die Geburtshilfe in Mühldorf erhalten bleibt. Dieser Vertrag sollte auch eingehalten werden“, betont der CSU-Fraktionsvorsitzende im Mühldorfer Kreistag, Josef Grunder. „Ich kann meinem Altöttinger Kollegen in dieser Frage überhaupt nicht zustimmen. Gerade für werdende Eltern sind kurze Wege zur Entbindungsstation wichtig.“ Auch wirtschaftlich rechne sich die Station in Mühldorf, wenn wieder genügend gute Schwestern und Ärzte dort arbeiten würden. „Nicht vergessen werden darf, dass die Mühldorfer Entbindungsstation einen sehr guten Ruf hatte!“

SPD-Fraktionsvorsitzender und Klinik-Verwaltungsrat Günther Knoblauch beruft sich auf das Konzept, das für das InnKlinikum erarbeitet worden sei. „Wie im Fusionsvertrag auch, ist festgelegt, dass die Geburtshilfe in Mühldorf bestehen bleibt!“ Vier Häuser seien zu einem Klinikum zusammen gefasst worden, das sich optimal um die Bevölkerung kümmern könne. Das Vorgehen von Dr. Windhorst könne er daher nicht nachvollziehen. „Wir sollten nicht immer nach der Wirtschaftlichkeit von Kliniken sehen, sondern auf die optimale Gesundheitsvorsorge für unsere Bevölkerung schauen!“

„Auch wirtschaftlich tragbar!“

„Ich bin, gerade bei der Geburt, für eine ortsnahe Versorgung der Bevölkerung. Aus diesem Grund kann ich Herrn Dr. Windhorst in diese Frage nicht zustimmen“, sagt auch der UWG-Fraktionsvorsitende Ulli Maier . „Für mich ist auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten die Geburtshilfe an der Mühldorfer Klinik tragbar“, so Maier weiter.

„Das verunsichert nur Eltern!“

„Es ist ärgerlich, wenn der Erhalt der Geburtshilfe in Mühldorf – die einen ausgezeichneten Ruf hat – durch politische Äußerungen in Zweifel gezogen wird. Das verunsichert nur werdende Eltern“, sagt Judith Bogner, Grünen-Fraktionsvorsitzende im Mühldorfer Kreistag . Eine Geburt sei ein sehr emotionales und persönliches Thema, das Familien aus dem ganzen Landkreis eng mit der Stadt Mühldorf verbindet. Deshalb sei im Zuge der Klinikfusion der Erhalt der Geburtshilfe in Mühldorf eine zentrale Voraussetzung gewesen.

Wichtig sei jetzt, die ausreichende personelle Ausstattung, um die der Vorstand des InnKlinikums sehr bemüht ist. „Es gibt andere Bereiche, wo wir wirtschaftliche Effizienz in den Vordergrund stellen sollten. Das ist aber Sache der Fachleute, nicht der Politik“, so die Grünen-Politikerin.

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