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Was der Landkreis Mühldorf jetzt plant

Immer mehr Flüchtlinge, immer weniger Unterkünfte: Wäre ein Aufnahmestopp möglich?

Collage Container Flüchtlinge Burkardt
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Dr. Benedikt Burkardt ist am Landratsamt für die Unterbringung von Flüchtlingen zuständig. Weil Wohnraum fehlt, soll auf Container ausgewichen werden.
  • Christa Latta
    VonChrista Latta
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Die Unterbringung von Flüchtlingen bringt auch im Landkreis Diskussionen mit sich. „Eine große Herausforderung“, sagt Dr. Benedikt Burkardt. Er ist im Landratsamt für die Unterbringung von Flüchtlingen zuständig. Das Exklusivinterview.

Gibt es Zahlen, wie viele Flüchtlinge in den nächsten Wochen noch erwartet werden und mit denen der Landkreis planen kann?

Dr. Benedikt Burkardt: Die Ankündigungen der Regierung von Oberbayern, wann die nächsten Busse mit Flüchtlingen zu uns kommen, erhalten wir in der Regel drei Wochen vorher. Derzeit werden uns alle vierzehn Tage um die 50 Personen zugewiesen. Der nächste Bus ist für den 9. Februar angekündigt. Dabei wird es sich nicht um Geflüchtete aus der Ukraine, sondern um sogenannte sonstige Flüchtlinge wie Asylbewerber handeln. Sie kommen zunächst in unserem Drehkreuz Mühldorf (das ist die ESV-Turnhalle/Anm.d.Red.) an. Von dort werden sie innerhalb weniger Tage auf andere, vom Landkreis angemietete Unterkünfte verteilt.

Oft ist davon die Rede, dass ein Landkreis einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge verhängt hat. Wie geht das?

Burkardt: Einen Aufnahmestopp auszusprechen, ist rechtlich für einen Landkreis gar nicht möglich. Wir haben eine Unterkunftsverpflichtung. Das Argument „Wir haben nichts mehr frei, der Bus muss zurückfahren“ funktioniert nicht. Außerdem sind schon in dem Moment, in dem die Flüchtlinge aus einer Erstaufnahmeeinrichtung der Regierung zu uns verlegt werden, auch dort wieder in der Regel alle Plätze mit Neuankömmlingen belegt.

Gemeinden halten sich bedeckt

Der Landkreis sucht Grundstücke zur Aufstellung von Wohncontainern. Sind alle anderen Möglichkeiten wie Hotels oder Turnhallen, schon ausgeschöpft?

Burkardt: Hotels können immer nur eine Zwischenlösung sein, da sich die Menschen selbst versorgen sollen und diese Möglichkeit in einem Hotelzimmer nicht gegeben ist. Turnhallen als Unterkünfte zu nutzen, ist für alle Beteiligten eine ungute Situation. Zum einen kann dann der Sportbetrieb nicht weiterlaufen, zum anderen sollen sich die Flüchtlinge integrieren können und das gelingt mit einer solchen Sammelunterkunft nicht. Wir brauchen deshalb zwingend weitere Unterkünfte, um nicht Turnhallen belegen zu müssen. Deshalb sucht der Landkreis unter anderem nach Standplätzen für Wohncontainer. Dabei dienen zwei große Container als Unterkunft für jeweils vier Personen, mit Wohn- und Schlafraum, Küche und Sanitärraum. Gesucht werden dafür erschlossene Grundstücke mit Strom-, Wasser- und Abwasserversorgung. Wir hoffen dabei vor allem auf private Angebote. Hier werden die Container bereitgestellt und dann an das Landratsamt vermietet. Daneben besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass das Landratsamt selber Grundstücke anmietet und Wohncontainer dort errichtet. Geplant wird mit Containerstandorten mit einer Kapazität von bis zu 100 Personen. Das ist eine noch verträgliche Größe.

Sind bei dieser Grundstückssuche alle Gemeinden mit im Boot oder haben sich einige bereits ausgeklinkt?

Burkardt: Es wurden alle Gemeinden von uns über diese Suche informiert. Bislang konnten auf diesem Weg jedoch noch keine konkreten Standorte akquiriert werden.

Volksfestplätze stehen nicht zur Debatte

Welche Gemeinden haben sich nicht gemeldet?

Burkardt: Wir stehen in direktem Austausch mit allen Gemeinden und appellieren an die Solidarität. Nur gemeinsam werden wir die Herausforderung meistern.

Wäre der voll erschlossene Volksfestplatz nicht geradezu ideal?

Burkardt: Den Plan, Volksfestplätze zu nutzen, verfolgen wir nicht. Der Aufwand Container aufzubauen und einzurichten ist groß und setzt auch voraus, dass sie rund zwei Jahre an Ort und Stelle stehen bleiben können.

So hat sich die Zuweisung von Geflüchteten in den Landkreis Mühldorf seit Juli 2022 entwickelt.

Gab oder gibt es im laufenden Betrieb Probleme mit Bewohnern der Unterkünfte oder mit Anliegern?

Burkardt: In Relation zu der großen Zahl an Flüchtlingen in unserem Landkreis gibt es nur sehr selten Probleme. Wichtig ist, dass die Menschen genug Privatsphäre haben und sich auch mal aus dem Weg gehen können. Wenn es zu Problemen kommt, dann sind es meist nur kleinere Geschichten. Zum Beispiel wissen Geflüchtete manchmal nicht, dass man bei uns üblicherweise nicht über fremde Grundstücke läuft. Das wird den Leuten von Hausverwaltern und Integrationsberatern nahegebracht. Im Ankerzentrum ist das natürlich schwieriger als in den vom Landratsamt angemieteten Häusern und Wohnungen. Dort sorgen Betreuer und Sicherheitsdienst für einen ruhigen Ablauf.

Wer kommt für die Unterbringungskosten auf, der Landkreis, die Gemeinden?

Burkardt: Der Landkreis mietet im Auftrag des Landes Unterkünfte für eine ortsübliche Miete an. Die Kosten der Unterbringung trägt der Freistaat Bayern. Es werden auch renovierungsbedürftige Objekte besichtigt und angemietet, die erst noch mithilfe der kalkulierbaren Mieteinnahmen instandgesetzt werden müssen. Bayern und der Landkreis stehen dafür ein, dass Immobilien wieder in einem ordentlichen Zustand an die Eigentümer zurückgegeben werden. Kosten, die dem Landkreis entstehen, werden vom Land komplett refinanziert. Zusätzlich wird für jeweils 75 Personen ein Hausverwalter, ein sogenannter „Kümmerer“ eingestellt.

Verursacht die Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zusätzlichen Aufwand?

Burkardt: Für unbegleitete Jugendliche ist unser Jugendamt zuständig. Derzeit sind 28 in speziellen Jugendhilfeeinrichtungen untergebracht, 29 war der Höchststand im Jahr 2022. Dort freie Plätze zu finden, ist sehr schwierig. Die Kosten trägt der Bezirk.

Wer betreut die geflüchteten Personen im Landkreis?

Wer Platz hat, bitte melden

Burkardt: Der Landkreis ist hier bereits seit 2015 als Träger der Flüchtlings- und Integrationsberatung aktiv. Das Team der Integrationsberater und Ehrenamtskoordinatoren ist erste Anlaufstelle und der richtige Ansprechpartner für die Menschen mit Fluchthintergrund und auch für die Ehrenamtlichen in diesem Bereich. Die vielfältigen Herausforderungen der Integration im Alltag können allerdings nur gemeinsam mit den Ehrenamtlichen und Verantwortlichen in den Gemeinden gemeistert werden, die bereit sind sich vor Ort einzubringen.

Wer dem Landratsamt Mühldorf Wohnraum, Grundstücke oder bisher nicht als Wohnraum genutzte Immobilien zur Unterbringung von Asylbewerbern jeglicher Herkunft anbieten möchte, kann sich per E-Mail unter unterkunftsverwaltung@lra-mue.de melden.

So viele Flüchtlinge hat der Landkreis momentan untergebracht

Stand Freitag, 3. Februar waren im Landkreis Mühldorf 1305 Personen in dezentralen Unterkünften untergebracht - die in Privatwohnungen aufgenommenen Ukraine-Flüchtlinge sind hier nicht mitgerechnet. Im Ankerzentrum der Regierung von Oberbayern in Waldkraiburg waren es zu diesem Zeitpunkt um die 250 Geflüchtete, insgesamt können dort 450 Personen unterkommen. Der Landkreis hat noch ungefähr 100 freie Plätze in seinen dezentralen Unterkünften, das entspricht zwei voll besetzten Bussen mit Geflüchteten. Im Februar 2022 verfügte der Landkreis Mühldorf über 42 dezentrale Unterkünfte - im März 2023 sollen es 141 sein.

Eine Aufstellung darüber wie viele Flüchtlinge in den einzelnen Kommunen des Landkreises untergebracht sind, hat das Landratsamt den OVB-Heimatzeitungen auf Nachfrage nicht herausgegeben.

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