Kultur im Bahnhof
Wenn Immigranten plötzlich nur urbairisch singen
- VonKarlheinz Jaenschschließen
Zum letzten Mal treten die „Bavarian Immigrants“ in ihrer fünfköpfigen Besetzung auf. Und sie ernten in Neumarkt Kulturbahnhof stehenden Applaus. Dabei machen sie nichts anderes als über das Leben zu singen.
Neumarkt-St. Veit – „Immigrants nennen wir uns, weil nur einer von uns bairische Wurzeln hat“, erklärt Stefan Knoll vor dem Auftritt. Das wäre also von Anfang an schon mal geklärt. Dann aber kommen trotzdem bairische Texte zum Vortrag, die, laut Dialektologieprofessor Dr. Ludwig Zehetner „von Grund auf in stimmigem Bairisch konzipiert sind.“ Und wie diese fünf Vollblutmusiker die von Heribert Haider gedichteten und von Stefan Knoll vertonten Lieder im sehr gut gefüllten Kulturbahnhof von Neumarkt vortrugen, war etwas vom Allerfeinsten.
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Zwar waren die Texte eigentlich „nur“ Erkenntnisse „aus dem Leben“. Man sang und spielte übers „Blädseiderfa“, über „Gscheidhaferl“, „Voixfesta“ und „Dire-Dari“, übers „Liebesflüstern“ und „Tanzverhalten“, Stadt und Natur und sonst noch mancherlei. Darunter war Kritisches, auch Albernes und Überraschendes. Aber die Vortragsweise, die war auf alle Fälle etwas Besonderes.
Schweren, aber immer gefällige Harmonie
Nicht nur, dass die fünf Künstler auf der Bühne mit wechselnden Instrumenten auch schauspielerisch durch Gesten und Mimik viel Komik auf die Bühne zauberten. Es war ihre Musik, die schwungvoll und stimmungsmäßig die Texte treffend untermalte und die das Publikum mitriss. Und diese Musik der „Bavarian Immigrants“ war durch ihre schweren, aber immer gefälligen Harmonien so spannend und interessant, dass man oftmals zu wenig auf den Text hörte.
Wunsch nach einem Libretto
Aber wie bei Oper und anderen klassischen Musikwerken, wurden die aussagekräftigsten Texte immer wieder wiederholt. Ob Heribert Haider und Denise Weise oder Stefan Knoll als Duo oder Trio sangen, es passierte meist in fesselndem Mehrklang. Der Wunsch nach einem Libretto wäre oft nicht unpassend.
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Auch Istvan Galus an Geige oder Gitarre und Simon Ackermann am Zupf- und Streichbass überzeugten an den Instrumenten. Doch gilt es die Stimme von Heribert Haider besonders zu erwähnen. Mit gewaltigem Stimmumfang konnte er – auch mit Kopfstimme – urplötzlich von Fortissimo ins Pianissimo gleiten, dabei noch Töne abrufen, die seine unvorstellbare Stimmenbeherrschung offenbarten. Viel Komik erzeugte er auch mit seinem vielbestückten Waschbrett und mit dem Koffer, der ihm als Schlagzeug diente.
Viel Zwischenapplaus im Kulturbahnhof
Es gab für die Künstler viel Zwischenapplaus. Die stehenden Ovationen nach den Zugaben waren freilich hochverdient.