OVB-Leserforum
„Deutschland ist Weltmeister der Doppelmoral“ - Streit um Bewältigung der Energiekrise
Wie kann Deutschland die Energiekrise bewältigen und schafft die Wende zu alternativen Energieformen?
Peter Kasperczyk (Bernau) Die Leserbriefschreiberin hat recht. Der Ausbau der Windkraft in Bayern wird zu Veränderungen im Landschaftsbild führen und kann die Artenvielfalt gefährden. Nur was ist die Alternative? Mit der 10-H-Regelung wurde die sogenannte „Verspargelung“ verhindert, dafür hat man sich eine gefährliche Abhängigkeit vom russischen Erdgas eingehandelt und so zu unsicherer Energieversorgung und existenzbedrohenden Energiekosten beigetragen.
Dass der menschengemachte Klimawandel eine zusätzliche Bedrohung für unsere Artenvielfalt ist, daran besteht keinerlei Zweifel. Unserem Wald geht es jetzt schon nicht gut. Die Erderwärmung führt zu Dürre und Schädlingsbefall. Daher ist der massive Ausbau der erneuerbaren Energien auch gut für den Wald. Auch im Wald können Windräder naturverträglich gebaut werden. Die Standortauswahl muss an strenge, naturschutzfachliche Kriterien gebunden sein. Als Ausgleich sollten Flächen wiederbewaldet werden, am besten mit heimischen, klimaresilienten Baumarten.
Um Vögel und Fledermäuse zu schützen, dürfen Standorte nur nach Artenschutz-Prüfung genehmigt werden, und Windräder sind bei Bedarf zu bestimmten Zeiten abzuschalten. 98 Prozent der Landschaft werden frei von Windkraftanlagen bleiben. Um Standorte mit der geringsten Auswirkung auf das Landschaftsbild festzulegen, sollte in der Regionalplanung die Entwicklung von Windkraft-Vorranggebieten vorgenommen werden. Weiter sind einheitliche, transparente und klare Kriterien für den Natur- und Artenschutz zu schaffen. Und was häufig vergessen wird: Windkraft verändert die Landschaft deutlich weniger als die großflächigen, dauerhaften Zerstörungen durch den Abbau von Erdgas, Erdöl, Kohle und Uran.
Franz Smeets (Feldkirchen) Deutschland ist kein Fußball-Weltmeister, aber Weltmeister in der Disziplin Doppelmoral. In Niedersachsen gibt es ein riesiges Erdgas-Vorkommen. Dieses Erdgas darf aber aus Angst vor Bürgerprotesten nicht erschlossen werden. Dann lieber fragwürdiges Fracking-Gas aus Amerika mit dem Schiff umweltschädlich zu uns transportieren. Hier steht das Interesse einiger tausend Niedersachsen gegen Fortschritt und Wohlstand der gesamten Bundesrepublik Deutschland.
Weitere Beispiele: Der Bau von benötigten Stromtrassen wird blockiert von angeblichen Aktivisten und deren Lobbyisten. Hier laufen Frösche mit grünen Füßen und fliegen Fledermäuse mit spitzigen Ohren herum. Windräder gehen nur beim Nachbarn, aber nicht bei mir.
Braunkohle in Nordrhein-Westfalen: Kein Abbau wegen der Proteste – lieber die Kohle mit dem Schiff aus Südafrika herschaffen und in Deutschland verbrennen.
Nächstes Thema: Verkehr von der Straße auf die Schiene bringen – hier der Brenner-Nordzulauf, Protest im Inntal.
Die Bundesregierung ist gefordert endlich mit einem Plan auf den Energie-Mangel mit einer eventuellen zeitlich begrenzten Energie-Notstandsgesetzgebung zu reagieren. Eine andere Möglichkeit wäre es, die einzelnen Themen, die oben beschrieben sind, in nationalen Bürgerentscheiden abstimmen zu lassen.
Nicht weniger als der Wirtschaftsstandort Deutschland, die Zukunft besonders unserer Kinder und unser aller Wohlstand stehen auf dem Spiel.
Norbert Vogel (Schechen) Ohne Zweifel, Bürger und Unternehmen sind vor ruinösen Verteuerungen und Verknappung der Energie zu schützen. Hohe Energiepreise beeinträchtigen die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Bürger verlieren Wohlstand oder gleiten gar in Armut ab und zittern dazu um den Arbeitsplatz. Eine Versorgungsnotlage im Winter wäre aber das größere Übel. Daher sind Sparbemühungen unbedingt zu priorisieren.
Was ist der beste Weg? Experten empfehlen unter anderem eine Preisbremse. Manchen ist noch die Subventionierung der Brotpreise in der DDR in Erinnerung. Am Ende landete billiges Brot sogar im Futtertrog. Oder der Tankrabatt im Sommer dieses Jahres, der die Nachfrage nach Treibstoff ansteigen ließ. Das Gegenteil von Sparen.
Preisbremsen wirken zudem undifferenziert. Das heißt, alle werden bedacht, nicht nur Bedürftige, sondern auch Reiche oder Verschwender. Immerhin – um einen gewissen Sparanreiz zu erhalten, soll die Preisbremse limitiert werden. Kritisch ist zudem, dass Preisbremsen zum Missbrauch einladen. Warum soll ein Energiehändler versuchen, preisgünstig einzukaufen oder Preise knapp zu kalkulieren, wenn sich der Staat später generös an den Verkaufspreisen beteiligt?
Viele halten daher die steuerpflichtige Energiekostenpauschale, wie schon im Herbst praktiziert, für besser. Energie müsste zu Marktpreisen verkauft werden, wäre also weiter dem Wettbewerb ausgesetzt. Wer viel Einkommen hat, würde weniger erhalten als ein bedürftiger Haushalt. Das zusätzliche Einkommen dürften viele Verbraucher für Energie ausgeben (müssen), aber es bliebe viel lohnender, Energie zu sparen. Nachdem man es nun sogar geschafft hat, Rentnern die Pauschale auszuzahlen, ist unverständlich, warum man jetzt die Preise bremst. Vielleicht will man die Inflationsrate senken?
Ulrich Huber (Staudach-Egerndach) Alexander Dobrindt (CSU) wurde stark kritisiert, als er bezüglich der selbst ernannten Klimaretter vor dem Entstehen einer „Klima-RAF“ warnte. Die älteren Mitbürger werden sich an die 1960er-Jahre erinnern, als „Aktivisten“ als eine Art Stadtguerilla ihr Unwesen trieben, weil sie mit der innen- und außenpolitischen Situation nicht einverstanden waren. Aus dieser Protestbewegung entstand die terroristische RAF, die sich bis zu ihrer Niederschlagung in drei „Generationen“ unterteilte.
Der Leserbriefschreiber Franz Garnreiter bezeichnet die Aktivisten der „Letzten Generation“ als „Helden unserer Tage“ und verharmlost deren Klebeaktionen. Diese „Helden“ leiten aus dem von ihnen beanspruchten Kampf für die Rettung des Klimas das Recht ab, mit schweren Eingriffen in den Straßen- und Flugverkehr systematisch Straftaten zu begehen. Um weiteren Eskalationen vorzubeugen, ist das staatliche Gewaltmonopol umgehend durchzusetzen. Allerdings sollten Gerichte ein Strafmaß anwenden, das nicht – wie kürzlich – dazu führt, dass das schallende Lachen der Täter bis in den Chiemgau zu hören ist.