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OVB-Leserforum

Einsatz von Atomwaffen? „Putin ist schwerer Tabubruch zuzutrauen“

Könnte Russlands Präsident zu Atomwaffen greifen?
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Könnte Russlands Präsident zu Atomwaffen greifen?

Der Ukraine-Krieg tobt mit unverminderter Härte weiter. Unsere Leser machen sich Gedanken, wie ein Friedensschluss gelingen könnte. Auch die Schuldfrage wird wieder aufgeworfen. Und könnte Putin gar eine ultimative Drohung wahr machen? Das sagen unsere Leser.

Reinhold Beer (Schnaitsee): Die Analyse von Professor Klaus Gestwa wirkt äußerst düster. Das „Primat des Militärischen“ sei zu befürchten. Seit einem Jahr erleben wir vor unserer Haustüre einen erbitterten Angriffskrieg, der unsägliches Leid nicht nur über Millionen Ukrainer bringt, sondern auch über Russland. Ein Land, das oftmals selbst Angriffsziel imperialer Mächte war. Ich kann deshalb gut verstehen, dass dieses Land übersensibel auf Bedrohungen reagiert.

Gleichzeitig sehe ich keinen Rechtfertigungsgrund darin, einer vermeintlichen Bedrohung durch einen Angriff auf ein Nachbarland zuvorkommen zu wollen. Noch dazu auf ein Land, dessen politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit Russland im Budapester Memorandum von 1994 garantierte.

Ich denke, grundsätzlich sind alle Initiativen und Demonstrationen, die sich für den Frieden einsetzen, positiv zu bewerten. Aktuell hat die Ukraine aber nur die Möglichkeit der militärischen Verteidigung ihres Territoriums. Dennoch müssen alle diplomatischen Kanäle genutzt werden. Das eine zu tun, ohne das andere zu lassen, sollte Gebot der Stunde sein. Gespräche müssen auf allen Ebenen und bei allen Gelegenheiten stattfinden. Insofern ist es mehr als überlegenswert, russische Sportler und Künstler nicht überall auszuschließen. Positives Beispiel ist die Aufführung „Krieg und Frieden“ an der Bayerischen Staatsoper München. Menschen aus Russland, der Ukraine, Belarussland, Moldau und anderen Ländern arbeiten hier kreativ und vorbildhaft zusammen.

Markus Brunnhuber (Vagen): Im Ukraine-Krieg gibt es seit Langem nur noch eine vorherrschende Meinung: Immer mehr Waffen können den Frieden bringen. Andere Ansätze wie der Impuls des Aufrufs der Damen Wagenknecht und Schwarzer werden im Keim mit dem Hinweis auf Realitätsferne erstickt. Dies war auch auf der Münchner Sicherheitskonferenz zu beobachten. Was seitens der Nato-Staaten in eklatanter Weise fehlt, sind Überlegungen, welche Optionen es über militärische Aktionen hinaus zur Überwindung des russischen Angriffskrieges in der Ukraine gibt.

Bei der Friedensdemo von Sahra Wagenknecht (links) und Alice Schwarzer in Berlin forderten mehrere tausend Menschen stärkere Bemühungen um Verhandlungen mit Russland im Ukraine-Krieg.

Militärisches Eingreifen bedeutet immer eine diplomatische wie humanitäre Bankrott-Erklärung. Daher gilt es, auch noch so kleine Strohhalme von Gesprächs- und Friedensoptionen wie aus Brasilien oder China zu ergreifen. Gerade aus der deutschen geschichtlichen Verantwortung heraus sowie aus der Verantwortung als Waffenlieferant wäre eine deutsche Initiative für stärkste multilaterale Bemühungen auf höchsten internationalen Regierungsebenen dringend angebracht.

Hilfreich wäre, die eigene jüngste Geschichte im westlichen Narrativ bezüglich ihrer regelbasierten Ordnung zu hinterfragen (siehe zum Beispiel den Irak-Krieg) und als Verhandlungsanregung mit in die Diskussion einzubringen, dass die Nato durch ihre Ost-Erweiterung Sicherheitsbedenken Russlands konsequent missachtet hat.

Speziell auch zur Lösung des Ukraine-Kriegs sind bekannte Regeln gelingender Kommunikation zu beachten, nach Hintergründen, Bedenken, Optionen zu fragen und von sich aus mögliche kleine Angebote zu tätigen. Es gilt, mit sehr kleinen, überprüfbaren Verhandlungspaketen sowie örtlich und/oder zeitlich beschränkten Waffenstillständen oder einem Austausch von Gefangenen zu beginnen und so Verhandlungssicherheit zu erarbeiten.

Dieter Eberle (Rosenheim): Ich habe mir mal vorgestellt, wie sich Sahra Wagenknecht Ukraine-Verhandlungen wohl vorstellt. Der Streitfall: Ein Grundbesitzer dringt in das Grundstück seines Nachbarn ein. Er zündet das Haus des Nachbarn an, vergewaltigt dessen Frau und tötet die Nachbarskinder. Die anderen Nachbarn helfen dem Überfallenen, unterstützen ihn beim Löschen und bringen ihm Lebensmittel. Der Eindringling zündet das Feuer immer wieder an, vernichtet die Lebensmittel und schlägt weiter auf die Nachbarn ein.

Sahra Wagenknecht verhandelt: Angebot 1: Die anderen Nachbarn hören auf, dem Überfallenen zu helfen. Angebot 2: Der Überfallene hört auf, sich zu wehren und das Feuer zu löschen. Angebot 3: Der Angreifer erhält die Hälfte des Grundstücks des Überfallenen. Angebot 4: Die Helfer des Überfallenen bezahlen den Wiederaufbau des Hauses. Ausgang der Verhandlungen: Der böse Nachbar willigt ein und überfällt den nächsten Nachbarn.

Ulrich Kretzschmar (Prien): Ganz Deutschland diskutiert über Waffenlieferungen an die Ukraine. Viele sind dafür, denn genügend moderne Waffen scheinen das einzige Mittel zu sein, welches dazu führen könnte, dass Russland den Krieg verliert. Auf der anderen Seite hört man: Eine atomare Supermacht wie Russland kann einen konventionellen Krieg wie gegen die Ukraine gar nicht verlieren. Sie sitzt immer am längeren Hebel. Denn selbst wenn es den Ukrainern gelingen sollte, die Russen militärisch zu schlagen, bliebe den Russen immer noch ein letzter Trumpf: ihre Atomwaffen.

Fragt sich bloß, ob sie dazu bereit wären, dieses allerletzte Mittel einzusetzen. Ich fürchte ja. Den ersten schweren Tabubruch hat Putin mit seinem Angriffskrieg ja bereits vollzogen, und es ist ihm zuzutrauen, dass er im Notfall auch den zweiten vollzieht. Er könnte sich dabei sogar auf seine weltpolitischen Hauptgegner, die Amerikaner, berufen, welche 1945 dieses Tabu gebrochen haben, indem sie zwei Atombomben auf Japan warfen. Den Ukrainern bliebe in diesem Fall nur noch die Kapitulation – wie einst den Japanern. Keiner könnte den Kremlchef daran hindern und keiner ihn dafür bestrafen, denn was den Amerikanern recht war, ist den Russen billig. Außerdem hätte Putin damit noch nicht einmal Nato-Gebiet verletzt.

Ich würde mich freuen, wenn ich mit meiner fatalen Zukunftsvision nicht recht behalten sollte. Aber ich befürchte, dass Putin dazu bereit ist, die Sprache der Gewalt notfalls auf die äußerste Spitze zu treiben.

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