Meinung
Streit über die Wiesn: Lebensfreude in unsicheren Zeiten
- VonChristian Deutschländerschließen
Derzeit kann man sich in Bayern kaum noch ein Bier aus dem Kühlschrank holen, ohne dass plötzlich Markus Söder auftaucht und fragt, ob er hier vielleicht ein Volksfest eröffnen könnte. Ja, man darf schmunzeln über die Inbrunst, mit der der einst große Corona-Mahner jetzt in die Festzelte stürmt.
Trotzdem ist es verantwortbar: Die Menschen können wieder zusammenkommen, der elendige zweite Pandemie-Winter ist überstanden. Darum ist es auch gut, dass das Oktoberfest stattfinden darf. Die Leute gehen freiwillig hin, sie sind mündige Bürger, die selbst über ihren Schutz entscheiden und (na, zumindest bis zur dritten Mass) ihr Risiko kalkulieren können. Viele werden lieber noch fernbleiben – auch in Ordnung.
Deshalb sind die Rempeleien zwischen Söder und Münchens OB Reiter etwas schräg. Eine Wiesn mit Abstand, FFP2 und Singverbot will keiner, geht auch rechtlich nicht mehr. Ausnahmen, später lockern, Hotspots? Hätte Reiters SPD im Bund ermöglichen können, das wollte sie aber nicht mal für Orte, die Menschen besuchen müssen. Sei’s drum, das Risiko scheint zum Glück deutlich zu sinken. Die Schatten über vielen Festen werden (da hat Reiter Recht) wohl andere sein: Krieg, Wirtschaftskrise, Energieknappheit, Inflation. Diese Dämpfer zu überwinden, wird wohl die größte Wiesn-Herausforderung.