MEINUNG
Sorge um Taiwan-Eskalation: Das nächste schwere Merkel-Erbe
- VonMike Schierschließen
Wie weit soll man gehen, um Freiheit, Menschenrechte und Demokratie von autoritären Regimen einzufordern? Ja, es gibt gute Gründe für Nancy Pelosi, mit einem Taiwan-Besuch ein Zeichen zu setzen. Und doch birgt ihre Reise nach den immer drastischer werdenden chinesischen Warnungen der vergangenen Tage ein inzwischen unkalkulierbares Risiko.
Wollen die USA wirklich das Risiko eines zweiten Krieges neben der Ukraine eingehen? Xi Jinping hat auch mit seiner radikalen Corona-Politik gezeigt, dass er keineswegs rational vorgeht. Denn rational betrachtet kann der geschwächte Riese eine militärische Auseinandersetzung eigentlich nicht gebrauchen. Doch angesichts wachsenden Unmuts in der Bevölkerung könnte Xi versucht sein, die Reihen mit nationalistischen Wallungen gegen die USA zu schließen.
Selbst wenn es – hoffentlich! – nicht dazu kommt, zeigt uns die unnötige (rhetorische) Eskalation, was für ein „Partner“ China für Deutschland und ganz Europa ist. Die weltweiten wirtschaftlichen Folgen der eigenen Politik waren Peking schon bei Corona egal. Im Ukraine-Konflikt steht es treu an Moskaus Seite. Deutschland sah zu, wie China ein weltweites Netz von Abhängigkeiten schuf, Flughäfen oder Häfen kaufte und die neue Seidenstraße aufbaute. Angela Merkels Idee vom „Wandel durch Handel“ ist gescheitert. Längst ist auch Deutschland abhängig: Halbleiter, Arzneimittel und seltene Rohstoffe. Schuld trägt nicht immer die Politik, sondern oft auch die Wirtschaft, die zu sehr auf den Preis achtete.
Das Umsteuern wird Zeit brauchen. Doch die Zuspitzung um Taiwan zeigt, dass wir diese kaum haben. Das nächste äußerst schwierige Erbe der Ära Merkel für die Ampel.