MEINUNG
Silvester-Alarm in Berlin: Die SPD hat ein böses Déjà-vu
- VonGeorg Anastasiadisschließen
Mit seinem Wort von der „Chaosstadt Berlin“ in unserer Zeitung hat CSU-Chef Markus Söder in ein Wespennest gestochen.
Groß ist die Entrüstung bei Grünen und Linken, doch in der SPD mischt sich in die Empörung die Sorge, dass vor allem sie als die alte Arbeiterpartei nach der Berliner Silvesternacht abgestraft wird für den Kontrollverlust des Staates in den Problemvierteln deutscher Städte. Mit Schrecken erinnern sich die Genossen an die Kölner Silvesternacht 2015 – ein Jahr danach schickten die NRW-Wähler die SPD-Regentin Hannelore Kraft in Rente.
Ein solches Debakel soll sich für die Kanzlerpartei nach dem Gewaltexzess in ihrem Berlin nicht wiederholen. Deshalb heißt es aus der SPD nach den brutalen Angriffen auf Polizisten und Feuerwehrleuten jetzt drohend an die Adresse der zumeist migrantischen Hooligans: „Wer keinen Respekt hat, verdient auch keinen.“ Berlins Bürgermeisterin Franziska Giffey ruft „das Ende der Geduld“ aus und beklagt die tägliche „Respektlosigkeit gegenüber Einsatzkräften“. Und auch SPD-Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat mit etlichen Tagen Verspätung ihre Sprache wiedergefunden und attackiert „bestimmte junge Männer mit Migrationshintergrund, die unseren Staat verachten“. Beide fordern härtere und schnellere Strafen und mehr Polizei. Solche Law-and-Order-Töne hat man seit Otto Schily von der SPD nicht mehr vernommen. Die verklärte aggressive jugendliche Machos lieber zu bedauernswerten Opfern ausbleibender Integrationsangebote.
Schon klar: Giffey will am 12. Februar als Bürgermeisterin wiedergewählt und Faeser im Herbst zur hessischen Ministerpräsidentin gekürt werden. Erst danach wird sich zeigen, ob die Versprechen etwas wert sind. Oder ob der Chef des Beamtenbundes recht hat mit seiner bitteren Anklage, dass die Politik nur „rumschwurbelt“, während unser Staat unmittelbar vor dem Verlust seiner Handlungsfähigkeit steht.