Meinung
Regierung scheitert im Bundestag: Impfpflicht-Waterloo für die Ampel
- VonGeorg Anastasiadisschließen
Keine Mehrheit für nix im Bundestag: Das passiert, wenn ein Kanzler Führung verspricht, sie aber nicht liefert, sondern sich in die Büsche schlägt und auf Zufallsmehrheiten hofft.
Mit dem Waterloo bei der Impfpflicht-Abstimmung hat sich die zerstrittene Ampelkoalition selbst eine bleibende Schmach zugefügt. Und es macht die Sache nicht besser, dass der ins Schwimmen geratene Olaf Scholz für eine absehbare Abstimmungsniederlage sogar noch seine Außenministerin vom Nato-Treffen abkommandierte, auf dem es um die Bekämpfung einer noch tödlicheren Gefahr als das Coronavirus ging.
Man muss der gescheiterten Impfpflicht nicht allzu viele Krokodilstränen hinterherweinen: Die vorherrschende Omikron-Mutante ist weniger tödlich als eine Grippe, jedenfalls für Geimpfte, und die verfügbaren Vakzine verhindern eine Infektion so wenig zuverlässig, dass auch eine Impfpflicht die Pandemie nicht beenden würde. Beides zusammengenommen hätte mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit dazu geführt, dass spätestens das Bundesverfassungsgericht die Impfpflicht als unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit bewertet und als verfassungswidrig verworfen hätte. Den clevereren Vorschlag hatte die Union unterbreitet mit ihrem Antrag, eine Impfpflicht auf Vorrat einzuführen, die nur im Falle des Auftauchens einer gefährlicheren Mutation scharf gestellt würde. Diesen Triumph aber wollten die Ampelkoalitionäre der Opposition nicht gönnen.
Das Risiko, dass das Coronavirus im Herbst mit neuer Macht zurückkehrt, bleibt. Dagegen aber kann sich jeder selbst schützen, indem er sich impfen lässt. Freiwillig. Die Zeit, da Impfunwillige darauf vertrauen konnten, dass im Zweifel die solidarische Mehrheit sie durch neue Lockdowns schützt, muss ein für alle Mal vorbei sein.