MEINUNG
Musk bei Twitter: Herrscher der Aufregungsmaschine
- VonChristian Deutschländerschließen
Große Ankündigungen, schlechte Zahlen, enttäuschte Investoren: Wäre Twitter ein Hersteller von, sagen wir mal, Schrauben oder Pappbechern, wenig Besseres als der rabiate Einstieg des fähigen Unternehmers Elon Musk könnte dem Konzern passieren – Management feuern, Struktur verschlanken, Kurs ändern.
Twitter aber ist eine Kommunikationsplattform mit hochpolitischen Inhalten, Wucht und Marktdominanz. User erfahren hier von Weltereignissen oder werden – Stichwort Kapitol – zu solchen angestachelt. Dieses Instrument vollständig in die Macht eines erratischen Trump-Fans zu legen, der Abstand zu antisemitischen Ausfällen vermissen lässt, ist ein Risikofaktor, zumindest in wackeligen Demokratien.
Twitter ist kein linkes Medium, das vor Zensur gerettet werden müsste. Sondern eines, das zugespitzte, teils radikale Meinungen aus allen Richtungen provoziert – es ist eben eine Aufmerksamkeits- und Aufregungsmaschine. Wer dieses Medium steuert, muss sich ernsthaft bemühen um einen Mittelweg zwischen möglichst weitreichender Meinungsfreiheit für alle und klaren Schranken für Hass und Kriminalität. Dazu braucht es Mitarbeiter, Moderatoren. Ob man SPD-Chefin Esken nun sonderlich schätzt oder nicht – wenn sich grunddemokratische Politiker wie sie und andere von Twitter zurückziehen, weil es ihnen hier zu schrill wird, ist das keine gute Entwicklung.