Meinung
Merz rechnet mit Merkel ab: Richtige Analyse, aber keine Lösung
- VonMike Schierschließen
Es ist ein bemerkenswerter Text, den Friedrich Merz da in der „Zeit“ verfasst hat.
„Wir müssen eingestehen, dass wir uns geirrt haben“, hat der neue CDU-Chef darübergeschrieben. Das ist nett vor ihm. Denn mit „wir“ meinte er vor allem: Angela Merkel. Und fast alle anderen, die in den vergangenen 20 Jahren Politik gemacht haben. Vor allem Olaf Scholz, aber sicher auch ein wenig Markus Söder und Christian Lindner. Zu sanfte Außenpolitik gegenüber Wladimir Putin, naive Energieabhängigkeit von Russland, zu gutgläubige Verteidigungspolitik.
Der späte Rückkehrer Merz hat das Privileg, all das auszusprechen, was jetzt offensichtlich scheint. Anders als Scholz oder Söder, die noch zum Jahreswechsel auf Nord Stream 2 pochten, hatte Merz schon nach der Vergiftung von Alexej Nawalny für einen zweijährigen Baustopp plädiert. Das macht es ihm nun auch leichter, als Oppositionsführer im Bundestag auf alte Versäumnisse hinzuweisen. Und mit seiner klaren Distanzierung zeigt er auch, dass in der CDU zumindest eine Aufarbeitung stattfindet, anders als in der SPD, die das Fiasko ihrer Russland-Politik allein auf Gerhard Schröder reduziert.
Merz hingegen hat ein anderes Problem: Einfache Lösungen, wie man aus dem Energiedilemma kommt, weiß auch er nicht. In der Opposition müsste er sie zwar nicht haben, aber der Anspruch der Gestalter-Partei CDU an sich selbst ist eigentlich ein anderer.