MEINUNG
Katar: Gas-Deal während der WM - Deutsche Doppelmoral
- VonMike Schierschließen
Es ist erst ein paar Tage her, da ließ sich Robert Habeck zu Markus Lanz in die Sendung schalten, um der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gönnerhaft kluge Ratschläge zu geben.
Er würde es ja darauf ankommen lassen und die „One-Love“-Kapitänsbinde trotz des Verbots der Fifa tragen, verkündete der grüne Wirtschaftsminister. Also jener Mann, der noch im März in Katar als Bittsteller in Sachen Energieversorgung aufgetreten war und sich vor Handelsminister Scheich Mohammed bin Hamad Al Thani geradezu demütig verbeugt hatte.
Man kann Habeck natürlich – und zwar völlig zu Recht – eine gehörige Portion Selbstgerechtigkeit und Doppelmoral vorwerfen. Aber eigentlich müsste sich das Land als Ganzes an die Nase fassen. Denn noch während die Deutschen darüber diskutieren, ob sie mit ihrem Gewissen vereinbaren können, die Fußball-WM im Fernsehen zu verfolgen, verkündet Katar die Erfolgsmeldung, man werde ab dem Jahr 2026 mindestens 15 Jahre lang jährlich zwei Millionen Tonnen Flüssiggas (LNG) liefern. Mehr noch: Das Emirat will seine LNG-Produktion bis 2027 um 60 Prozent steigern. Das Geschäft brummt.
Natürlich sollte ein Staat bei seinen Geschäften Fragen wie Menschenrechte oder Umweltschutz im Blick behalten. Aber es wäre naiv zu glauben, man könne in einer globalisierten Welt wirtschaftlichen Handel ausschließlich mit den Guten treiben. In der Gasfrage scheint Katar im Vergleich zu Russland aktuell das kleinere Übel. Kann man so sehen. Nur sollten weder die Regierung noch wir Verbraucher, die wir gerne weniger für Energie bezahlen würden, die Moralfrage dann auf Fußballer abwälzen.