Meinung
Habecks steile Energie-Wende
- VonChristian Deutschländerschließen
In der Gluthitze dieses Juni flirren die Sorgen vor einem energiearmen Winter in weiter Ferne. Das trügt. Unser Land steuert direkt in eine gefährliche Gas-Knappheit, denn nach Lage der Dinge wird Russland seine Lieferungen zügig weiter drosseln, vielleicht stoppen, ehe die deutschen Speicher befüllt sind. Es ist gut, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck darauf reagiert – weitgehend ohne Behäbigkeit und ohne Ideologie.
Schnelle Habeck-Häme wäre leicht: Der Grüne wirft die Kohle-Dreckschleudern wieder an, der Grüne erbittet Flüssiggas von halbseidenen Regimen, der Grüne ordnet Vogelschutz dem Windrad-Ausbau unter. Das sind notwendige, aber extreme Kurswechsel, an denen in Normalzeiten Koalitionen zerbrechen könnten, vielleicht sogar die grüne Partei. Zwei Trümpfe nur helfen dem Vizekanzler: dass er die Erblast von SPD und Union, sich der russischen Energie blind ausgeliefert zu haben, großteils nicht mitverschuldet hat. Und dass er stark und glaubwürdig kommuniziert, so nimmt er seine Wähler auf diesem Kurs mit, den er eigentlich nie wollte.
Eines fehlt noch in Habecks Steilkurve: der befristete AKW-Weiterbetrieb. Offenkundig fällt ihm das von allem am schwersten, ist aber unvermeidlich. Und die Zeit drängt, um das technisch hinzubekommen – bitte nicht warten, bis Putin das Gas ganz abgestellt hat. In diesem Winter wird, auch wenn das plakativ klingt, das Land nicht frieren. Sehr wohl würde ein Energie-Engpass aber die Wirtschaft treffen, mit zerstörerischer Wirkung und fatalen Folgen für hunderttausende Arbeitsplätze. Habeck geht den richtigen Weg; hoffentlich schnell genug.