Meinung
Chefwechsel in Hessen: Mit abgeschliffenen Kanten
- VonChristian Deutschländerschließen
Ein altgedienter Ministerpräsident, der den Zeitpunkt für eine selbstbestimmte Amtsübergabe verpasst hat und am Ende jenen Nachfolger akzeptieren muss, den er gern verhindert hätte: Klingt vertraut in bayerischen Ohren, spielt diesmal aber in Hessen.
Volker Bouffier (70) weicht für Boris Rhein (50). Ob noch rechtzeitig oder zu spät, wird die Landtagswahl 2023 zeigen. Für Rhein spricht immerhin: Der Frankfurter passt in eine Reihe von CDU-Leuten, die jüngst Landtagswahlen gewonnen haben. Nicht zu kantig, regional verwurzelt statt bundesweit schlagzeilengeil, gewinnend im Umgang, professionell in der Arbeit, anschlussfähig zur Mitte und links davon: ein bisschen wie Daniel Günther im Norden oder vielleicht auch Hendrik Wüst im Westen.
Diese Geschmeidigkeit wird Rhein helfen, die schwarz-grüne Koalition in Hessen erst mal fortzuführen. Die große bundesweite Sensation wie bei ihrer ersten Auflage Ende 2013 ist dieses Bündnis eh nicht mehr. Inzwischen regieren Schwarze und Grüne in unterschiedlichen Konstellationen in BadenWürttemberg, Schleswig-Holstein, Sachsen, Brandenburg, bald wohl auch in NRW. Weil sich die Stimmen links der Mitte von der SPD zu den Grünen verschoben haben, ist Schwarz-Grün vielerorts eigentlich die neue Große Koalition. Im Fall Hessens allerdings bisher nur mit hauchdünner EinStimmen-Mehrheit im Landtag. Das könnte 2023, wenn Wahlkampf gegeneinander gemacht wird, noch heikel werden.