MEINUNG
Baerbock in Den Haag: Krieg und Gerechtigkeit
- VonKlaus Rimpelschließen
Allein für den grauenvollen Raketenangriff auf das Wohnhaus in Dnipro müsste Wladimir Putin als Massenmörder vor Gericht gestellt werden. Moralisch gibt es keinen Zweifel daran, dass der russische Angriffskrieg ein Fall für den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag sein müsste.
Aber Weltpolitik funktioniert leider nicht nach den Maßstäben der Moral – und deshalb darf infrage gestellt werden, ob das Völkerrecht wirklich so stark ist, wie Außenministerin Annalena Baerbock behauptet. So begrüßenswert es ist, dass Staatenlenker wie Slobodan Milosevic oder Generäle wie Ratko Mladic für ihre Taten juristisch zur Verantwortung gezogen werden konnten – anders als ein „richtiges“ Gericht ist das Haager Tribunal eben nicht nur von Gerechtigkeit, sondern auch von Machtpolitik gelenkt. Das fängt schon damit an, dass die USA für Folterungen im Irak-Krieg oder Russland für das Massaker in Butscha allein deshalb nicht so einfach belangt werden können, weil sieden Haager Strafgerichtshof nicht anerkennen. Ein Mangel ist zudem, dass in der Regel nur Kriegsverlierer vor Gericht landen.
Im Falle des Ukraine-Kriegs ist es sehr wahrscheinlich, dass irgendwann mit Putin oder einem anderen russischen Kriegsverbrecher über eine Friedenslösung verhandelt werden muss – der internationale Strafgerichtshof dürfte dabei nur als störend empfunden werden.